Große Spannung beim „Flurgeflüster“

(28. April 2017) Einen packenden Nachbarschaftsthriller inszenierte Raimund Binder mit dem letzten Stück der Spielzeit 2016/2017 im Schau-Spiel-Studio Oberberg. Seine Darsteller Barbara Wiwianka und Jörn Wollenweber überzeugten mit hervorragender Umsetzung der Figuren.
Foto: Christian MelzerFoto: Christian Melzer Ein fesselnder Krimi könnte Pate gestanden haben bei „Flurgeflüster“. Der kanadische Dramatiker Jason Hall hat hier ein besonderes Stück geschrieben, das 2011 in London uraufgeführt wurde. Die Premiere im Wiehler Schau-Spiel-Studio Oberberg fesselte die Zuschauer von Anfang bis Ende. Kam das Stück am Anfang noch wie eine Komödie mit Alltagszenen auf dem Flur eines Mehrfamilien-Hochhauses daher – bei dem schon ein guter Spannungsbogen aufgebaut wurde – so wurde es nach der Pause mehr und mehr zum Drama, bei dem die Spannung fast zum Zerreißen war. Zeitweise war aus dem Publikum absolut nichts mehr zu hören – als ob alle den Atem anhalten würden. Akteure sind zwei Bewohner des dritten Stockwerkes, deren Appartements die Nummern 11 und 12 tragen. Immer wieder begegnen sie sich auf dem Gang. Das Stück beginnt mit dem Austausch von Banalitäten über Fußabtreter – seiner mit „Bates Motel“, ihrer mit einem Mondrian-Motiv – oder das Wetter und andere oberflächliche Themen. Sehr unterschiedlich sind die beiden. Er ist sehr neugierig, sie eher distanziert. Seine Wohnung hat den schlechteren Ausblick, aber ihm gehört mehr als die Hälfte davon – sie hat sich mühsam 25 Prozent Eigenanteil angespart. Nicht von ungefähr liebt er Alfred Hitchcock. Die Musik im Stück, die zwischen den Übergängen der einzelnen Szenen gespielt wird, bringt die notwendige Atmosphäre für den Nachbarschaftsthriller. Und Thriller von Hitchcock sehen sich die beiden auch gemeinsam an. Gemeinsam ist auch ihr Ärger über die unsichtbare Nachbarin aus Nummer 10. Von der bekommt man nur die Müllbeutel zu sehen, die Stein des Anstoßes werden. Nach und nach werden die Gespräche und die „Beziehung“ zwischen Nummer 11 und 12 intensiver – ohne jedoch in eine Liebesgeschichte abzurutschen. Beide versuchen nicht allzu viel von sich preis zu geben. Doch die anfänglich harmlos erscheinende Nachbarschaftsbeziehung entwickelt sich zu einem Konflikt. Und auch die Situation mit der Nachbarin in 10 eskaliert immer mehr. Die regelmäßig vor die Tür gestellten, stinkenden Müllsäcke führen dazu, dass sie von den Beiden durch die Tür beschimpft wird oder Zettelchen an die Säcke geklebt werden bis zu Faustschlägen an die Tür. Aber wer wohnt da eigentlich? Eine Polin vermutet die Frau aus Appartement 12 – aber genaues weiß sie nicht. Und was weiß sie eigentlich über den neuen Bewohner in 11? Oder er über sie? Auch bei den Zuschauern wirft sich da die Frage auf: Wie gut kennt man eigentlich seine Nachbarn? Hochdramatisch wird es, als es zum Psychokrieg auf der Bühne kommt. Raimund Binder hat hier wieder ein grandioses Stück inszeniert. Das Bühnenbild ist ein Gemeinschaftsflur mit sechs Türen. Die Licht- und Musikeffekte sind ebenso perfekt gewählt wie die beiden Darsteller. Verantwortlich für die Technik ist Marco Burbach.

Dieses anspruchsvolle Unterhaltungstheater mit Gänsehauteffekt ist noch an folgenden Terminen zu sehen: So. 30.04 um 18 Uhr, Sa. 06.05.um 20 Uhr, So. 07.05. um 18 Uhr, Mi. 10.05./Fr. 12.05./Sa. 13.05. jeweils um 20 Uhr, So. 14.05. um 18 Uhr, Mi. 17.05/Sa. 20.05. jeweils um 20 Uhr und So. 21.05. um 18 Uhr

Vera Marzinski

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