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"Geniale Tomaten"

Frau Morkepütz u. Herr Jennecken auf dem Markt zu Wiehl.

Der Einfachheit halber werden im folgenden Frau Morkepütz und Herr Jennecken Frau EM und Herr JOT (nicht etwa Herr Gott) genannt. Beide sind verwitwet. Sie gehören der schon etwas älteren Generation an und sind echte unverfälschte Oberbergische. Das heißt u. a. sie gehen nicht nur dem mittäglichen Suppenteller, sondern auch noch anderen Dingen auf den Grund.

Daneben beherrscht Frau EM alle vier Strophen des Bergischen Heimatliedes - gesprochen und gesungen. Frau EM beklagte den Verlust ihres Gatten bereits zur Zeit der Begründung des Wochenmarktes. Eine wenig freundliche Nachbarin meinte damals zum Entsetzen der Frau EM unter vorgehaltener Hand, dass es vor dem tragischen Schicksalsschlag auffallend oft Pilze als Hauptgericht bei Ems gegeben habe. Frau EM konnte jedoch damit verbundene indirekte Unterstellungen mit dem Hinweis entkräften, dass es zur betreffenden Jahreszeit noch keine Pilze in der freien Natur gab. Heute lacht sie darüber. Die vormals so unfreundliche Dame betrachtet ihrerseits mittlerweile die Pilze von unten.

Fast jeden Mittwoch sehen sich Frau EM und Herr JOT auf dem Markt. Sie defilieren verhaltenen Schrittes an den Ständen und Verkaufswagen vorbei und kaufen auch das eine oder andere. Sie grüßen einige Bekannte, die sie oft schon seit langem kennen. Es wird auf Oberbergische Art gestrunxt und das Marktgeschehen wachen Auges und Ohres beobachtet.

So auch heute: "Hast Du schon die flache Rippe von der Metzgersfrau gesehen?", fragt Frau EM Herrn JOT. Der verneint. Er interessiert sicht mehr für deren Hinterschinken - luftgetrocknet und geräuchert. Herr JOT hat es schon mal ein bisschen mit den Ohren. Trotz aufmerksamen Hinhörens hat er bisweilen seine Verständigungsprobleme. Jetzt gehen beide am Fischwagen vorbei. Da gibt es auch Aal. Der ist Frau EM im Augenblick zu teuer. An ihren Gesprächspartner gewandt gibt sie zu: "Ich esse lieber Aal als Hering". Das missversteht dieser und sagt: "Du hast schon recht, unser Bürgermeister ist liber-al. Deshalb dürfen die Marktleute auch morgens den Zeitpunkt ihres Verkaufsbeginns selber wählen. Wer anderswo auf einem Markt eine halbe Minute vor offiziellem Start ein Radieschen verkauft, hat schon eine Ordnungsstrafe am Halse." Ja, ja - Frau EM hat verstanden. Sie war einmal Lehrerin. Seinerzeit verkündete sie bisweilen vor störenden und tuschelnden Schülern: "Meine Ohren reichen bis zum hintersten."

Am Gemüsestand wird es besonders interessant. Sie weiß nur noch nicht was. Der Verkäufer erklärt gerade einer potentiellen Kundin, wie man die Qualität von Blaubeeren am Geräusch erkennt: "Hören Sie! Argumentiert er, lebhaft um sich blickend, als wolle er sagen: "Alle mal herhören!" "Hören Sie!? - wenn es so klingt", und er schüttelt dabei den Spankorb mit den Beeren.... "wenn es so klingt, dann sind die Beeren erste Klasse!" Alles sieht und hört staunend zu. Man ist vom richtigen Geräusch der Beeren überzeugt. Ein Kaufrausch setzt ein. Anschließend schildert der Marktmann, wie man feststellt, ob eine Ananas reif ist: "Wenn man an den kleinen Blättern, die sich wie ein großer Haarbusch auf der Frucht befinden, kräftig zieht und wenn diese sich dann problemlos lösen - dann ist die Ananas reif." Frau EM sieht Herrn JOT amüsiert an: "Was hältst Du davon, wenn ich Dir mal kräftig an den spärlichen Haaren ziehe, um endlich Klarheit zu haben, ob der Inhalt darunter reif ist?" Herr JOT lächelt versonnen: " Mit den Haaren ist es so, wie mit den guten alten Freunden, es werden immer weniger. Wichtig ist, dass der Humor nicht verloren geht. Der wird steht's aufs neue gebraucht!" Jetzt geht es an den höchsteigenen Einkauf.

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Eigentlich kauft Frau EM immer Tomaten. Nun zögert sie. Neulich hatte sie welche, die hatten eine auffallend harte Haut, obschon sie wunderschön aussahen. Sie waren auch sehr haltbar. Nur ließen sie den "tomatigen" Geschmack vermissen. Frau Ems Freundin, Frau Niederbantenberg, hatte geäußert, sie habe davon gehört, dass jemand gesagt habe, es gäbe jetzt auch "gen-iale" Tomaten. Das macht Frau EM nachdenklich. Sie denkt insgeheim: "Ich bin schlau genug, wieso soll ich noch geniale Tomaten essen. Das ist was für Politiker. Die brauchen das. Den Anbau dieser Tomaten haben die ohnehin zu verantworten." Frau EM nimmt deshalb heute grüne Gurke mit Kopfsalat.

Nach der zweiten Begehung suchen Frau EM und Herr JOT wie immer ein kleines Lokal am Rande des Marktes auf. Sie trinken hier ihren Kaffee, der den unterhaltsamen Morgen beschließt. Weil Herr JOT heute besonders gute Laune hat, spendiert er ein Kännchen. Der Kaffeeduft regt Geist und Seele an, und man philosophiert über Gott, den Sinn des Lebens und die beschauliche Welt des Wochenmarktes zu Wiehl an der Wiehl.

Günter Rauhut


Letzte Worte

Geliebte, wenn mein Geist geschieden,
So weint mir keine Träne nach;
Denn wo ich weile, dort ist Frieden,
Dort leuchtet mir ein ew'ger Tag!

Wo aller Erdengram verschwunden,
Soll euer Bild mir nicht vergehn,
Und Linderung für eure Wunden,
Für euern Schmerz will ich erflehn.

Weht nächtlich seine Seraphsflügel
Der Friede übers Weltenreich,
So denkt nicht mehr an meinen Hügel,
Denn von den Sternen grüß' ich euch!

Annette von Droste-Hülshoff


Mit chirurgischen Künsten zur ewigen Jugend?

Kleine Ursache mit großer Auswirkung

Völlig niedergeschlagen verließ ich vor einigen Wochen die Praxis eines Gesichts- und Kiefernchirurgen. War der Grund meines Besuches die Behandlung einer Hautveränderung am Augenlid, so sah der "gute" Doktor in mir ein Opfer seiner chirurgischen Künste. Er empfahl mir, Augenlider und andere nicht mehr ganz neue Gesichtspartien einer Korrektur zu unterziehen. Natürlich weiß ich, dass meine Haut nicht mehr so glatt und strahlend ausschaut wie in jungen Jahren. Aber dieses "Angebot" war mir des Guten zu viel.

Zunächst machte ich mir Luft bei meinem Mann, der in seiner sanften Art die ersten Wogen glättete, und nicht lange, so kehrte auch ich zu meinem alten Humor zurück. Meinten doch eine Sangesschwester und ihr Mann, nachdem ich ihnen meinen Vorfall geschildert hatte, diese Art der Verschönerung den Chormitgliedern mal vorzutragen. Vielleicht könnte man damit unseren teilweise "Überholungsdürftigen" Chor zu einem Jugendchor erblühen lassen.

Ist es wirklich so erstrebenswert, die ewige Jugend zu besitzen? Ich auf alle Fälle bleibe so, wie meine Lebensjahre mich geprägt haben mit meiner persönlichen Ausstrahlung. Und so werde ich weiterhin jeden morgen frisch gewaschen und eingecremt in den Spiegel schauen mit dem Gedanken, dass ich zufrieden bin, so wie unser Herr mich geschaffen und verändert hat, auch ohne chirurgische Künste.

Ingrid Pott

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