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SEITE 9ALLGEMEINES


Frauen
gestalten Frauengestalten
- eine Ausstellung


Wir hörten erst während unserer letzten Redaktionssitzung von dieser Ausstellung im Paul-Schneider-Haus in Oberwiehl, und zu diesem Zeitpunkt war sie dort schon seit 12 Tagen zu sehen. Inge und ich beschlossen gleich sie zu besuchen und fuhren am nächsten Tag nach Oberwiehl. Dort hatten wir Mühe einen Parkplatz zu finden; mehrere Gruppen auswärtiger Frauenvereinen waren schon im Haus und wurden mit Kaffee und Kuchen bewirtet und anschließend durch die Ausstellung geleitet. Wir wurden in der Eingangshalle freundlich begrüßt und gleich einer Frauengruppe aus Vollmerhausen zugeordnet, die Kaffee trank. Noch während der Kaffeepause gab uns Frau Sticherling die ersten Informationen über diese ungewöhnliche Ausstellung mit dem ebenso ungewöhnlichen Namen.

1995 hatten zwei Frauen aus Hannover, in der Kirche und der Universität arbeitend, die Idee, bedeutende Frauen der Kirche und der Geschichte körperlich darzustellen und neben dieser Präsenz ihre Lebensgeschichte in Wandtafeln zu erklären. In elfmonatiger Arbeit schufen Christine Urbach und Susanne von Blumröder zusammen mit sechs engagierten Studentinnen diese Frauengestalten. Nach kurzer Zeit kamen noch neun Frauen aus dieser Gemeinde hinzu. Die Rohlinge der Skulpturen (Drahtgestelle) wurden von einem Kunstpädagogen hergestellt, die Frauen arbeiteten die Kleider und Frisuren; Köpfe und Hände waren Gipsabdrücke der Mitarbeiterinnen. Und so war nach fast einem Jahr die Ausstellung fertig und zeigte elf Frauen vom ersten bis zwanzigsten Jahrhundert, die Beginen als Gruppe, und in Wiehl kam noch Katharina von Bora dazu. Seit dieser Zeit wandert die Ausstellung und wurde schon von vielen Gemeinden begrüßt und bewundert.

Für die Führung, die wir miterleben konnten, hatten wir 1 ½ Stunden Zeit, und die Zeit verflog sehr schnell, denn Frau Sticherling erzählte sehr informativ und anschaulich. Da sie uns nicht alle Lebensläufe schildern konnte in dieser Zeit, beschränkten wir uns auf drei Frauen, und die wurden sehr lebendig, nicht nur durch den guten Vortrag, sondern durch die lebensgroße Figur der Frau, die eine besondere meditative Dichte der Atmosphäre erzeugte. Außer uns waren noch drei oder vier andere Gruppen in dem großen Raum, sodass unsere "Führerin" leise sprechen musste; wir saßen dichtgedrängt und ganz still um sie herum, auch das schuf eine besondere Stimmung.

So erfuhren wir die herzergreifende und traurige Liebesgeschichte von Heloise und Abaelard, das mutige Eintreten der Katharina Zell in Straßburg und das großartige Lebenswerk der Elisabeth Fry, der Engel der Gefangenen. Das waren 3 von 12 Frauen, alle mit sehr unterschiedlichen Lebensläufen; nur ein Kriterium trifft wohl auf alle zu: Sie setzten sich und ihre Vorstellungen in einer (meist feindlichen) Männerwelt durch; sie verstanden es, mit Macht und der Macht des Wortes umzugehen und eigene Vorstellungen von Menschlichkeit in ihrem Lebenskreis, manchmal auch in die Geschichte einzubringen. Manche ertrugen dafür Verfolgung und Tod. (Thekla, Jeanne d'Arc, Katharina Staritz). Andere erfuhren noch zu ihren Lebzeiten Achtung und Ehrungen. (Hildegard von Bingen, Maria Montessori, Luise-Sophie Freifrau von Knigge).

Nach dem Vortrag wanderten wir noch von einer Frauengestalt zur anderen und lasen an den Wandtafeln von ihrem Leben, ihrem Wirken. Als wir nach Hause fuhren, erfüllt von dem, was wir gesehen und gehört hatten, waren wir uns einig: Das war ein erlebnisreicher, interessanter und besonders schöner Nachmittag.

Ich hatte Gelegenheit, die Ausstellung noch zweimal in einem anderen Rahmen zu sehen. Beim Gottesdienst im Paul-Schneider-Haus am folgenden Sonntag, von den Frauen des Kirchenkreises gestaltet, saßen und standen die Frauen der Geschichte wie selbstverständlich in der Gemeinde oder am Rande und schufen so eine besondere Atmosphäre. Sie waren natürlich auch das Thema der Predigt. Zwei Tage später dann war ich sehr dankbar, dass eine liebe Bekannte mich mit ihrem Auto abholte zu einer besonders schönen Abendveranstaltung mit Musik und einem sehr guten und humorvollen Vortrag über Katharina von Bora. Noch einmal konnte ich an den Gestalten vorbeigehen, sie berühren und von ihrem Wirken lesen. Es war lebendiger Geschichtsunterricht, und viele Probleme aus ferner Zeit beschäftigen Frauen auch noch heute.

Hildegunde Janas


BUCHBESPRECHUNGSEITE 10



Katharina von Siena


Carola Stern:
"Männer lieben anders"


Der Rowohlt - Verlag hat seit einiger Zeit eine sehr schöne und gut geschriebene Reihe über berühmte Paare der Geschichte oder der Literaturgeschichte herausgebracht. Im März dieses Jahres hat Carola Stern diese Reihe ergänzt und bereichert, mit einem Buch über die Lebensgeschichten von Bert Brecht und Helene Weigel. Der Titel des Buches: "Männer lieben anders" deutet eigentlich eher auf eine herzbewegende Geschichte von Rosamunde Pilcher hin als auf Carola Stern. Und nach meinem Gefühl müsste es heißen: "Dieser Mann liebte anders", oder "außergewöhnliche und geniale Menschen (Männer wie Frauen) lieben anders". Aber wenn man das Buch in die Hand nimmt, sieht man nicht mehr den Titel, sondern das Paar: Helene Weigel und Bert Brecht in einer typischen Stellung; sie ihm zugewandt, Zigarette im Mundwinkel, er geradeaus sehend, Zigarette in der Hand, schmal und mit der Schlägermütze. Es sind noch viele schwarz/weiß Fotos im Buch, die den Text begleiten und erläutern. Ich lese Carola Sterns Bücher sehr gerne und schätze ihre klare Sprache, ihre genaue Milieu Schilderung, ihren Humor, - kein Kapitel ist langweilig. Und dieses Buch ist auch wieder, wie schon die anderen Bücher der Autorin, lebendiger und guter Geschichtsunterricht, einer Geschichte, die wir Älteren selbst erlebt haben. Die politisch und kulturell so aufregenden 20er Jahre werden lebendig. Dann die Machtübernahme der braunen Herren 1933, die für so viele Dichter und Schauspieler Flucht und Elend und so oft auch den Tod bedeuten. Für das Ehepaar Brecht/Weigel bedeutet es 15 Jahre Exil, ein unstetes Wanderleben, "öfters als die Schuhe die Länder wechselnd..." (Zitat)

Carola Stern versteht es, die Genialität Bert Brechts und seine faszinierende Wirkung auf die Menschen (besonders auf die Frauen) darzustellen und zu würdigen. Mich hat es nicht ganz überzeugt; wie konnte dieser kleine, schmächtige Mann, der wegen mangelnder Hygiene auch noch schlecht roch, solche Macht über die Seelen gewinnen? Ich meine auch zu spüren, dass bei aller Würdigung des Dichters und Theatermanns B. B., die die Autorin immer wieder deutlich macht, ihre Sympathie seiner Gefährtin gilt. (meine auch) Sie ist eine großartige Schauspielerin von herber Schönheit, eine gute Mutter der Kinder mit Bert Brecht und seiner Kinder aus früheren Verbindungen, hat neben ihrem Schauspieltalent große organisatorische Fähigkeiten; im Exil ist sie Überlebenskünstlerin, die für alle sorgt. Nach dem Krieg wird sie die umjubelte und gefeierte "Mutter Courrage" in Berlin und Paris, später die Intendantin des Deutschen Theaters in Ostberlin, und nach dem frühen Tod ihres Mannes, seine treue Nachlassverwalterin. Aber was hat dieser Mann ihr alles zugemutet!? Ich will das hier nicht vertiefen, das müssen Sie selbst lesen.

Und noch ein Tipp: Wenn der Literaturkreis im September wieder seine Arbeit aufnimmt, wird Herr Langel aus Gummersbach (Ende September 28.09.00) einen Vortrag halten über das Thema: "Brecht und die Frauen". Darauf freue ich mich sehr, denn Herrn Langels Berichte sind sprachlich und inhaltlich immer ein Hochgenuss. Wenn Sie dann noch Carolina Sterns schönes Buch lesen, werden Sie gut informiert sein über dieses geniale und schöpferische Paar.

Hildegunde Janas


Ach, nur der flüchtige Blick
Sah sie genau
Warum nur durch solchen Trick
Mann meiner Frau

Nur im Vorübergehen
Hatt ich ihn ganz
War doch fast unbesehn
Frau meines Manns

Haben die Zeit vertan
Bis uns die Zeit getrennt
Und, schon den Mantel an
Uns dann umarmt am End

Bert Brecht für Helene Weigel
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