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SEITE 9TRADITION UND BRÄUCHE


Frauen "Johannisweiblein" genannt, sammelten Kräuter, Zauberkräuter, die in der Johannisnacht die neunfache Heilkraft besitzen. Besonders heilkräftig sind Kamille, Thymian und Beifuss, die aber auch vor Hexen, Unwetter und Unglück jeglicher Art schützen sollten. Aus Johanniskraut, Bärlapp, Rittersporn, Rosen, Kornblumen, Lilien, Eichenlaub, Beifuss und Farnkraut - neun Kräuter, die Zahl neun spielte eine große Rolle - wurden Sträuße gemacht und über Türen und ans Fenster gehängt, wurden Kränze geflochten, die das ganze Jahr in der Stube hängen blieben und das Haus schützten, wurde ein Sträußlein gewunden und unters Kopfkissen gelegt, damit man Glück in der Liebe hatte, wurde ein Blütenteppich - Johannisstreu - unter den Esstisch gestreut. Diese Blumengewinde mussten manchmal aus siebenerlei, oftmals jedoch aus drei mal drei - also neunerlei - Kräutern bestehen. Eine gebackene Holunderblüte an der Esse - dem Sitz der guten Hausgeister - gegessen, bescherte den Rest des Jahres eiserne Gesundheit.
Schutz vor Hexen muss man in der Johannisnacht suchen, denn es ist wie die Walpurgisnacht eine Geisternacht, in der gebannte Geister frei werden. So stellt man die Besen kreuzweise auf die Schwelle zum Stall und wenn einen die Hexen jagen, so sucht man eine Kreuzung auf, denn da können sie einem nichts anhaben.

Auf der Lichtung bei dem Stein,
welcher groß und breit und schwer
heben Hexen ihr Gebein,
huui, sie tanzen kreuz und quer.
Heben mystisch ihre Hände,
murmeln Formeln vor sich her.
Ihr Gesicht spricht tausend Bände
Vollmond steht am Himmel schwer.
("Astrid", Musikbär-Verlag)

Die Hexen hin zum Brocken zieh'n
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian* sitzt obenauf.
So geht es über Stein und Stock,
es f----t die Hexe, es st---t der Bock.

*der TeufelB

Goethe, Faust

Die Mittsommernacht in Schweden ist so kurz wie nirgendwo sonst und wird ganz und gar durchgefeiert. Das klassische schwedische Essen:
Wiesensuppe aus frischen Gemüsen, junge Kartoffeln in Dill gekocht mit Matjessill, dazu saure Sahnesauce mit Schnittlauch - Erdbeeren. Man feiert sehr ausgelassen, es wird gegessen, viel getrunken und getanzt. Im Mittsommer gab es viele Wettspiele, die wohl zeigen sollten, in welch guter Verfassung Mensch und Tier waren. Hirten, Senner und Hütemädchen wetteiferten miteinander und verdienten sich vor der schweren Arbeit des Sommers, auch vor der langen Einsamkeit auf der Alm und Weide - ein letztes großes Festmahl mit allen Artgenossen.

Auch fürs Bergische sind im 18. und 19. Jahrhundert Johannisfeuer (Sonnenwendfeuer) und viele Volksbräuche am Johannistag bezeugt, bei denen die Sonne im Mittelpunkt steht. Außerdem sind Sonnensymbole an Türen und Balken unserer alten Bauernhäuser letzte Spuren der kultischen Sonnenverehrung unserer Vorfahren.

B. Brandl

Quellen:
Sybil Gräfin Schönfeld
"Feste und Bräuche"
"Microsoft Encarta"



Hexenküche, Holzschnitt um 1498

BUCHBESPRECHUNG UND HUMORSEITE 10


"Was die Republik bewegte - Zeitzeugen erinnern sich"

Die vor wenigen Monaten zu Ende gegangene Epoche des Jahrhunderts hat etliche Schriftsteller, Journalisten und Publizisten bewogen, Rückschau zu halten und Bücher auf den Markt zu bringen, die an vergangene Zeiten erinnern sollen. Bei den Vorbereitungen auf meine nächste Buchbesprechung (Günther Grass : "Mein Jahrhundert") stieß ich auf ein Taschenbuch aus dem Rowohlt - Verlag, das im April 1999 erschien, ein halbes Jahr vor dem Grass - Buch. Es heißt: "Was die Republik bewegte" - 50 Zeitzeugen erinnern sich. Zusammengestellt wurde es von zwei (in unseren Augen) noch sehr jungen Leuten. Barbara Hofmeister, geb. 1963 und Uwe Naumann, geb. 1951. Es umfasst den Zeitraum von 1949 - 1998, also die Zeit, die wir nach dem unseligen Krieg und den sehr schwierigen Nachkriegsjahren als Erwachsene bewusst und dankbar als Aufbau- und Friedensjahre erlebt haben. Fünfzig mehr oder weniger bekannte Frauen und Männer schildern in diesem Buch auf einer Seite ein Ereignis, das sie in diesem Jahr besonders bewegt oder berührt hat; auf der anderen Seite gibt es dazu ein Foto, das dieses Ereignis dokumentiert und illustriert. Es beginnt mit einer schönen Epistel Hans Dietrich Genschers über die Verabschiedung des Grundgesetzes am 23.5.1949 und den Antrittsbesuch Konrad Adenauers bei den Hochkommissaren auf dem Petersberg im September 1949. Kerzengrade, mit wehendem Mantel geht der erste Bundeskanzler aus dem Portal des Hotels durch ein Spalier amerikanischer, britischer und französischer Soldaten, die ihn grüßen. Das Buch schließt mit einem Bild über Geldvernichtung bei der Landeszentralbank; der Kommentar dazu ist von Mathieu Carriére, locker, schnoddrig geschrieben mit Blick auf den Euro.
Ich habe dieses Taschenbuch mit großem Interesse und innerer Anteilnahme gelesen. Viele Bilder gehen unter die Haut. Nicht alle Beiträge gefielen mir, und das ist von den Herausgebern auch nicht beabsichtigt. Es ist eine bunte Zusammenstellung der Autoren von Politikern, Dichtern, Schauspielern, Künstlern, Journalisten und Kabarettisten mit sehr unterschiedlichen Standpunkten und oft sehr persönlichen Erinnerungen. Es ist auch unsere Geschichte.

H. Janas

Wo sind wir denn hier?

Über die Familie Konda ist noch nie eine Story geschrieben worden. Es bestand auch kein Anlass. Die vier Familienmitglieder sind eher normale, wenig auffällige deutsche Staatsbürger, die ihre Muttersprache beherrschen. Das liegt nicht unbedingt im Trend. Es ist aber schon wichtig, dass auch solche Menschen der Öffentlichkeit einmal als Beispiel dargestellt werden, damit nicht eines Tages die Mehrheit unserer Bevölkerung orientierungslos herumläuft:
Herr Konda ist Banker. Er hat einen Full-Time-Job und managt den 24-Hours-Service mit viel Feeling. Man arbeitet vornehmlich online im Internet mit Computer. Über Details wird die Kundschaft per Hotline informiert. Top-secret-News werden per E-Mail an Dealer übermittelt, die ausnahmslos eine Homepage haben. In seiner Freizeit surft Herr K. gern im Internet. Seine Hobbys sind jedoch Talk-Shows. Nach Trouble und Stress der Arbeit hat er aber auch manchmal ein Meeting mit Freunden in einer Bar. Der Keeper mixt dann köstliche Drinks, so dass sich schnell totale Wellness ausbreitet. Bei solchen Events bleibt das Auto natürlich im Car-Port. Als professioneller Banker outet Herr Konda natürlich niemals Insider-Tipps in der Cocktail-Lounge.
Frau Konda (Vorname Anna), liebt es nach morgendlichem Make up und Hair-Styling im modischen Outfit in der City shopping zu gehen. Sie hat einen attraktiven Body und bewahrt ihre Fitness vermittels Home-Trainer und Jogging. Trotz der beiden Kids jobbt sie noch bisweilen als Model bei einer Beauty-Promotion. Nach zuvor erfolgreichem Casting wird sie von einem Callcenter gefeaturet. Frau K. kauft sowohl unmittelbar beim Fashion-Designer als auch mal eine Rarität im Second-Hand-Shop. Da zahlt sie vorzugsweise cash, damit gibt es kein Missverständnis. Wenn sie nach dem Shopping noch ein Date mit einer Bekannten hat, geht man gern noch in ein Fast-Food-Lokal und verzehrt beim Small-Talk einen Hot-Dog oder sonstiges Fingerfood. Beef ist wegen BSE out.
Der älteste Sohn der Kondas ist ein leidenschaftlicher Mountain-Biker und nimmt bereits als Single oder auch im Team an Championships teil. Es war für seine Gegner schon shocking, als er sie bei einem Match mit Power und Full-Speed niederfightete.
Der jüngere Sohn liebt Inline-Skating und Kick- und Moving-Boards. Er träumt davon eines Tages in einer Half-Pipe einen Looping zeigen zu können. Das wäre der nicht zu toppende Hit. Als er kürzlich Geburtstag hatte, bekam er Play-Station, Fun-Roller und Harry Potter geschenkt. Dann sang man das alte deutsche Geburtstagslied: "Happy Birthday to you". Das war total cool. Die Party endete als Open-Air-Happening bei Chicken-Wings, Coke und Ice-Cream. Die Hausfrau, Anna Konda, berichtet, dass man durch Singen und Spielen der Nationalhymne dem Abend einen besonders feierlichen Abschluss hat geben wollen. Das sei aber gescheitert, da man sich über den Text und Melodie nicht einigen konnte. Einige hatten schon vorschnell "Stars and Stripes" intoniert.

Günter Rauhut


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