Jeden Tag schaut der Kaiser (Svenja Szeghedi) mit seiner Tochter (Ariana Wilke) durch das Fernglas um über das riesengroße Land zu schauen. Jeden Tag schreitet der Prinz (Jan Eckardt) mit seinem Knecht (Piet Wiwianka) sein Land ab. Das ist klein – so wie Mäuse klein sind, oder Erdnüsse. Etwa 20 Fuß misst das winzig kleine Land mit nichts weiter als einem Rosenbusch und einer Nachtigal.
Mitten im täglichen Ritual der Landvermessung erreicht die kaiserliche Hofdame (Kimi Schröter) das Miniland. Sie wurde von ihrer Prinzessin losgeschickt, um einmal um den Globus durch das große Reich des Kaisers zu laufen. Nun schickt der Prinz sie mit seinem Knecht und einer wunderschönen Rose und der Nachtigal zur Prinzessin, um sie als Braut zu gewinnen. Doch die Rose hat Dornen und die Nachtigal ist echt und leider keine Spieluhr zum Aufziehen.
Nur, so schnell gibt der Prinz nicht auf und lässt sich als neuer Schweinehirt beim Kaiser einstellen, um die kaiserlichen Glücksschweine (gespielt von Charlotte Roter, Friederike Roter und Tine Wiwianka) zu hüten. Die ständige Langeweile und Neugier der Prinzessin weiß der Prinz für sich zu nutzen. So hat er einen Kessel, an dem Glocken befestigt sind, die „Ach du lieber Augustin“ spielen, wenn der Inhalt im Kessel kocht und man kann sehen und riechen, was in den Töpfen des Schatzmeisters, des Bauern oder der Küchenhilfe brodelt. Den Topf muss die Prinzessin unbedingt haben. Doch der Prinz will zehn Küsse dafür. Nach einigem hin und her lässt sich die Prinzessin überzeugen und warnt aber das Publikum vor der Pause „Wehe einer erzählt, was hier vorgefallen ist!“.
Doch auch der Topf kann die Langeweile nicht lange vertreiben und so fragt die Prinzessin über ihre Hofdame den Knecht, ob der Schweinehirt nicht noch eine neue Erfindung hat. „Night fever“ von den Bee Gees erklingt wenn der Prinz die Knarre schwingt und zu viert legen sie einen gekonnten Formationstanz aufs Parkett. Nur für die Knarre möchte der Prinz 100 Küsse – schon beim zehnten werden sie vom Kaiser erwischt und die Prinzessin muss den Schweinehirten heiraten.
Das heißt für sie – nun muss sie auch den Schweinestall ausmisten. Sehr zur Freude der Kinder im Publikum im Schau-Spiel-Studio Oberberg bei der Premiere, die herzhaft über die niedlichen rosa Schweinchen und die verzweifelte Prinzessin lachten. Als sie den Tierchen Manieren beibringen will, ergreifen die drei doch lieber die Flucht anstatt zu schreiten und zu knicksen. Nach verzweifelter Suche findet die Prinzessin sie wieder – auf dem kleinen Land des Prinzen, der nun seine wahre Identität preisgibt.
Im Gegensatz zum Märchen von Hans-Christian Andersen, amüsiert sich der Prinz in Thor Truppels Bearbeitung sehr über die anfängliche Ablehnung und schließt die Prinzessin letztendlich in die Arme. Bei Andersen heißt es am Schluss: "Ich bin dahin gekommen, dich zu verachten!" sagte der Prinz. "Du wolltest keinen ehrlichen Prinzen haben! Du verstandest dich nicht auf die Rose und die Nachtigall, aber den Schweinehirten konntest du für eine Spielerei küssen. Das hast du nun dafür!" Und dann ging er in sein Königreich hinein; da konnte sie draußen ihr Lied singen: "Ach, du lieber Augustin, Alles ist hin, hin, hin!"
Im Stück „Ach du lieber Augustin“ können Prinzessin und Prinz am Ende sagen: „Schwein gehabt!“ und auch Knecht und Hofdame– der Augustin und die Augustine - finden sich.
Anja Wienpahl hat mit ihrem Ensemble ein unterhaltsames Stück inszeniert. Überzeugende junge Schauspieler, die textsicher mit gekonnter Gestik und Mimik begeisterten. Wienpahl stand zuletzt 2005 in der Titelrolle von Goldonis „Mirandolina“ selbst auf der Wiehler Bühne und inszeniert inzwischen erfolgreich in der Theater-AG des Gymnasiums Moltkestraße, Gummersbach – zuletzt Jura Soyfers „Weltuntergang“.
Im Alter von neun Jahren stand Thor Truppel zum ersten Mal in Eilenburg, wo er 1979 geboren wurde, auf der Bühne. Aufgrund dieser frühen Erfahrung mit dem Theater, verfasste er beizeiten eigene Theaterstücke. Seit 2009 leitet der Autor Dramaturgielehrgänge für Lehrer des Faches "Darstellendes Spiel". Die Vorlage für sein Stück „Ach du armer Augustin“ stammt aus dem Märchen „Der Schweinehirt“ von Hans-Christian Andersen. Andersen schrieb mehr als 160 Märchen in acht Bänden. Dabei bearbeitete er Volksmärchen, bis sie seinen literarischen Ansprüchen genügten und von Kindern verstanden werden konnten.
Für kleine und große Zuschauer ist „Ach du lieber Augustin“ ein unterhaltsames Erlebnis. Und es gibt noch weitere Vorstellungen im Schau-Spiel-Studio Oberberg: Sa. 21.11., So. 22.11., Fr. 27.11., Sa. 28.11., So. 29.11., So. 06.12., Sa. 19.12., So. 20.12., jeweils 17 Uhr und Di. 24.11., Mi. 02.12., Di. 08.12., Do. 10.12., Di. 15.12., Mi. 16.12. und Di. 22.12., jeweils 18 Uhr.
Vera Marzinski
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Fotos: Christian Melzer