Kurzweilige Boulevardkomödie die nachdenklich stimmt

(11. Januar 2013) „Schon wieder Sonntag“ und somit Besuchstag im Altersheim. Dort spielt das gleichnamige Stück von Bob Larbey. Raimund Binder inszenierte es nun für das Schau-Spiel-Studio Oberberg und hat mal wieder ein hervorragendes Ensemble dafür zusammengestellt. Theater auf hohem Niveau sahen die Gäste in der ausverkauften Premiere am Freitagabend.
V.l.: 
Angela Harrock (Mrs. Baker), Hans-Gerd Pruß (Aylott), Raimund Binder (Regie), Sebastian Hein (Peter), Karina Blasberg (Julia), Gisbert Möller (Cooper) und Katrin Platzner (Wilson). Foto: Christian MelzerV.l.: Angela Harrock (Mrs. Baker), Hans-Gerd Pruß (Aylott), Raimund Binder (Regie), Sebastian Hein (Peter), Karina Blasberg (Julia), Gisbert Möller (Cooper) und Katrin Platzner (Wilson). Foto: Christian Melzer Inkontinenz und Alzheimer sind nicht unbedingt komische Themen für die Bühne. In „Schon wieder Sonntag“ jedoch werden die Tücken und Probleme des Alters mit respektlosem Humor und Verständnis dargestellt. Ein Stück zum Lachen, zum Nachdenken und ein bisschen auch zum Traurig sein.

Ein grandioser Gisbert Möller in der Rolle des Cooper. Doch nicht nur er überzeugt und begeistert – Hans-Gerd Pruß, der seinen in die Demenz fallenden Freund Aylott spielt, wirkt sehr authentisch - mal verzweifelt und dann wieder weit weg von allem. Liebevoll und keck mit dem alten Herren Cooper flirtend beeindruckt Katrin Platzner in der Rolle der Krankenschwester Wilson. Resolut und willensstark Angela Harrock als Putzfrau Mrs. Baker. Coopers Tochter Julia und Schwiegersohn Peter werden gespielt von Karina Blasberg und Sebastian Hein.

Ort des Geschehens ist Coopers großzügiges Zimmer im Altersheim. Bei Vogelgezwitscher im Halbdunkeln quält sich Cooper (Gisbert Möller) aus dem Bett. Sein Sarkasmus ist ebenso wach wie er und so verquickt er Erinnerungen an die Kriegsjahre mit der Realität. Da wird der Teewagen am Morgen zur Bataillon, die die Geschütze auffährt. Zur Krankenschwester Wilson (Katrin Platzner) hat er ein besonderes Verhältnis: „Ich bilde mir allen Ernstes ein, ihr kleiner Sonnenschein zu sein“. Dennoch ist Cooper realistisch und sinniert über Vergangenes - dabei amüsiert er sich immer wieder selbst über seine Gedankengänge. Er scherzt, leidet, ist mal tapfer, mal selbstmitleidig, grantig oder herzlich.

Gemeinsam mit Freund Aylott zieht er über die „Zombies“ her, die an Demenz leiden. Beide alten Herren leiden unter ihrem Dasein im Altersheim und registrieren minutiös ihren physischen und psychischen Zerfall, aber klein beigeben, nein. Das werden sie nicht! Mutig, realistisch, aber auch verzweifelt kämpfen sie zusammen dagegen, schulen im Dialog ihr Gedächtnis, schaffen sich Rituale, die sie pflegen, und gewahren doch den unerbittlichen Abbau ihrer physischen und mentalen Fähigkeiten. „Mein erster Ausflug nach Zombieland und ich weiß noch nicht mal ob es mir Spaß gemacht hat“ sagt Aylott, als er realisiert, dass er geistige Aussetzer hat.

Das Stück ist sehr kurzweilig. Die Texte drehen immer wieder die Stimmung. So weint sich beispielsweise Wilson an Coopers Knie aus, weil die Schwester des dementen Sir Harley keinen Sinn darin sieht, ihn weiter zu besuchen. In diese rührselige Szene sagt sie: „Sie haben aber knubblige Knie!“, wodurch das Ganze wieder in eine vollkommen andere Richtung kippt. Putzfrau Mr. Baker (Angela Harrock) geht nicht ganz so liebevoll mit Cooper um, dennoch entwickelt sich eine gewisse Nähe zwischen ihnen und Cooper erzählt von seiner verstorbenen Frau und schenkt ihr eine Flasche Whisky für den Vater.

Cooper war fast ein Held im zweiten Weltkrieg, davon würde er dem Enkel gerne erzählen, doch der möchte nichts vom Tod und Zombies hören und bleibt lieber zu Hause. Seiner Tochter (Karina Blasberg) hat er nicht viel zu sagen und wirft ihr vor, dass sie sich ja doch nicht für ihn interessiere und er nicht extra ein detailliertes Buch für sie über seinen physischen Verfall führen wolle. Der Höflichkeitsbesuch am ersten Sonntag im Monat hat etwas Unangenehmes – für beide Seiten. So läuft der Schwiegersohn (Sebastian Hein) im Zimmer hin und her und wartet nur darauf, wieder abfahren zu können.

Eine wunderbare Komödie, bei der einem das Lachen manchmal im Hals stecken bleibt und die so nah am wahren Leben ist. Der Umgang mit Alter und Demenz, die Auseinandersetzung mit dem Nachlassen der eigenen Kräfte – das steckt im Stück „Schon wieder Sonntag“. Aber auch die Einsamkeit im Altenheim – doch Cooper zieht letztendlich das Fazit: ihm geht es gut und was folgt dann? „Und jetzt einen flotten Spaziergang“.

Vera Marzinski

Weitere Termine:

So. 13.01., 18 Uhr
Mi. 16.01., 20 Uhr
Fr. 18.01., 20 Uhr
Sa. 19.01., 20 Uhr
So. 20.01., 18 Uhr
Mi. 23.01., 20 Uhr
Fr. 25.01., 20 Uhr
Sa. 26.01., 20 Uhr
So. 27.01., 18 Uhr
Mi. 30.01., 20 Uhr
Fr. 01.02., 20 Uhr
Sa. 02.02., 20 Uhr
So. 03.02., 18 Uhr

Die Bilderserie wird präsentiert mit freundlicher Unterstützung durch:

Zum Vergrößern der Fotos bitte Vorschaubilder anklicken.