Als Kardinal kommt er auf die Bühne und spricht sein eigenes „Vater unser“. Mit den Immobilien hätten die Katholiken Glück gehabt – mit dem Bodenpersonal allerdings gleichzeitig viel Pech. „Macht die Kirche jetzt auf witzig“ – nein, alles in Sachen Humor bleibe in der katholischen Kirche weiter unter Verschluss. Es geht auch in diesem Bereich um „Lust“, um „Verlust“ und um „Selig sind die, die immer am Limit leben“. Ob am kleinen Stehtisch oder am Flügel – es ist durchgehend grandios mit Lars Reichow. Seine Lieder stimmen teilweise nachdenklich, teilweise sind sie einfach sehr unterhaltend. Eins geht über das Vorgefühl, wenn man verliebt ist, aber noch nicht weiß in wen. Seiner Frau hat er sogar ein Liebeslied komponiert. Ein Lied ohne Probleme – geschrieben, als sie weg war und er es in Ruhe schreiben konnte. Er erzählt verrückte Geschichten, in denen er selbst doof dasteht. Und „Lust“ auf politische Kommentare hat er auch. Gerne auch über den „I’am the king of fake-news“, dessen beschissene Frisur nur in einem Land der unbegrenzten Möglichkeiten machbar sei - und Busch, der als Idiot galt, wirke im Nachgang nun wie ein Philosoph. Reichow ist so schön ehrlich und sagt, wen er mag und wen nicht. Angela Merkel bewundert er für ihren Gleichmut, für Ihre Uneitelkeit, für die Lässigkeit, mit der sie viele Männer, harmlose Männer, aber auch gefährliche und unterbelichtete Männer an sich abperlen lässt. Und eins betont er besonders: Eine Zukunft Europas werde es nur geben, wenn „wir es schaffen, friedlich und freundlich miteinander umzugehen“.
Lars Reichow erhielt bis heute zehn Kleinkunst- und Kabarettpreise, u.a. den „Deutschen Kleinkunstpreis", den „Kulturpreis NRW" und den „Berliner Kabarett-Preis". Nach seinem gefeierten Programm „Freiheit!“ schlägt Reichow lustvoll ein neues Kapitel auf mit „Lust!“. Lust auf Wahrheit. Lust auf Musik. Lust auf Menschen mit offenen, lachenden Augen – die fand er auch in Bielstein in seinem „Lieblingsdachstuhl“.
Vera Marzinski
Fotos: Vera Marzinski