Ulrich Stücker, Bürgermeister der Stadt Wiehl. Foto: Christian Melzer
Im Nachfolgenden möchte ich über die rechtlichen Hintergründe informieren und persönlich Stellung beziehen.
Zusammengefasst stellt sich die Situation wie folgt dar:
Die Richtlinien über die Benutzung der Versammlungsstätten der Stadt Wiehl sehen keine Einschränkung bei politischen Veranstaltungen vor.
Die AfD ist eine Partei, die zur Bundestagswahl zugelassen wurde. Sollte sie verfassungswidrig sein oder agieren, so ist diese Entscheidung – wenn sie rechtliche Wirkung haben soll - dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.
Die Stadt und Stadtverwaltung sind an Recht und Gesetz gebunden. Dazu gehört, dass bei Entscheidungen die Zugehörigkeit zu einer zugelassenen Partei keine Rolle spielen darf.
Die Forderung, der AfD eine Anmietung einer Versammlungsstätte in Wiehl grundsätzlich zu verwehren, ist die Aufforderung an die Stadt zu unrechtmäßigem Handeln.
Bezüglich der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen ist die Stadt Wiehl im engen Kontakt mit der Kreispolizeibehörde. Die Einschätzungen und Maßnahmen werden der sich jeweils aktuell zeigenden Sachlage angepasst.
Demonstrationen sind der Kreispolizeibehörde anzuzeigen. Andere Veranstaltungen sind mit dem örtlichen Ordnungsamt abzustimmen.
Wer sich mit den grundlegendsten rechtlichen Hintergründen beschäftigen möchte, mag die Artikel 1, 3, 5, 8, 18, 20 und 21 des Grundgesetzes lesen.
Bedeutet: Die Vermietung der Versammlungsstätte an die AfD ist rechtlich korrekt. Eine Weigerung der Stadt, die Halle zur Verfügung zu stellen, wäre ein Akt der Rechtsbeugung. Dies gilt es zunächst einmal nüchtern festzustellen.
[Aktualisierung am 12. Oktober 2017]
Aufgrund einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Köln wurde der folgende Text angepasst, bzw. überarbeitet
Meine persönliche Wertung zu dieser Veranstaltung oder zu geplanten (Gegen-) Veranstaltungen für die Demokratie und für Toleranz darf hier aus Gründen der einem Bürgermeister obliegenden Neutralität nicht mehr veröffentlicht werden. Obwohl die Gerichte Bürgermeistern eine prinzipielle Äußerungsbefugnis zu allen Themen, welche die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen, zugestehen (so ausdrücklich das OVG Münster in seinem Urteil vom 04.11.2016 – AZ 15 A 2293/15), wurde der Appell des Düsseldorfer Oberbürgermeisters, anlässlich einer Demonstration „gegen die Islamisierung des Abendlandes“ das Licht abzuschalten und an einer Gegendemonstration teilzunehmen, vom Bundesverwaltungsgericht im September 2017 als Verletzung des Sachlichkeitsgebotes angesehen. Der Kölner Oberbürgermeisterin wurde vom VG Köln (Beschluss vom 30.03.2017 – AZ 4 L 75017) vorgeworfen, sie verletzte ihre Neutralität, wenn sie ein Statement mit dem folgenden Wortlaut unter Einsatz ihr als Oberbürgermeisterin (allein) in amtlicher Funktion zustehenden Ressourcen verbreite: „Ich finde es unerträglich, dass unsere Stadt als Bühne für die Selbstdarstellung einer Partei missbraucht werden soll, die zum Sammelbecken für Propagandisten von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland geworden ist. ( ... ) Ich unterstütze ausdrücklich alle, die mit demokratischen und friedlichen Mitteln ihre Stimme gegen Rassismus, Antisemitismus und Ausgrenzung erheben. ( ... )."
In der Linie dieser Rechtsprechung wurde nun auch heute von der gleichen Kammer des Verwaltungsgerichts Köln im Rahmen einer einstweiligen Anordnung die Auffassung vertreten, die Kundgabe meiner persönlichen Meinung auf dieser Seite der Stadt Wiehl verletze das mir als Bürgermeister obliegende Neutralitätsgebot. Unabhängig davon, was ich persönlich von dieser Entscheidung halte, nehme ich die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis und respektiere diese.
Allerdings habe ich jenseits dieser Neutralitätspflicht als Bürger unbenommen ein Recht auf freie Meinungsäußerung und darf wie jeder andere Bürger auch für meine persönlichen Wertvorstellungen eintreten. Auch meiner Amtsführung werde ich diese weiterhin zu Grunde legen.
Ihr
Ulrich Stücker
Bürgermeister der Stadt Wiehl