August 1990: Büchereileiterin Gerlinde Hünninghaus, Investor Christian Peter Kotz und Stadtdirektor Werner Becker-Blonigen begutachten die neuen Räume der Wiehler Stadtbücherei (v. l.). Foto: Helmut Steickmann/Repro: Stadt Wiehl
„Wir hatten eine Menge schöner Ideen im Kopf, um die 30 Jahre angemessen zu feiern“, sagt Büchereileiterin Jessica Pallach. Doch mitten hinein in die Vorbereitungen platzte der Lock-down und relativ bald stand fest: Eine Festwoche wie geplant wird es nicht geben können. Stattdessen nimmt das Team der Stadtbücherei das nächste Jahr ins Visier, um so manche Aktion nachzuholen.
Für einen Blick zurück in die Geschichte gibt es aber schon jetzt Gelegenheit. Fast hätte die langjährige Büchereileiterin Gerlinde Hünninghaus das Jubiläum noch während ihrer aktiven Dienstzeit mitfeiern können. Doch im vergangenen Dezember wurde sie in den Ruhestand verabschiedet. Bereits vor 30 Jahren führte sie die Einrichtung, die lange Jahre im neuen Rathaus und zuvor im Provinzialhaus untergebracht war. Doch mit dem Umzug in das frühere Kaufhaus Schumacher begann eine neue Ära für die Wiehler Stadtbücherei.
Denn mit der Sanierung und dem Umbau geriet das Haus aus dem 18. Jahrhundert zum architektonischen Schmuckstück, das Denkmalschutz und öffentliche Nutzung bestens unter einen Hut brachte. In dem ursprünglichen Kaufhaus Schumacher bot die Familie um 1900 Spezereien und Schießpulver an, später dann Porzellan und Geschirr. Bis 1988 führte Karl-August Schumacher das Geschäft. Danach bekundete die Stadt Wiehl Interesse, schreckte jedoch vor dem hohen Sanierungsaufwand zurück.
Das aktuelle Team der Stadtbücherei im Jubiläumsjahr (v. r.): Leiterin Jessica Pallach, Erika Mombächer, Tanja Draube, Edda Hüll. Foto: Stadt Wiehl
In dieser Situation half der Unternehmer Christian-Peter Kotz: Er kaufte das Haus und ließ es vom Bielsteiner Architekten Volker Howad für den neuen Zweck umbauen. Anschließend vermietete Kotz das Haus an die Stadt. Die Arbeiten waren umfangreich: Die Fassade erhielt eine Verkleidung aus bergischem Schiefer, das Haus einen gläsernen Aufzug. Das Projekt bezog die benachbarte alte Scheune mit ein, legte uralte Holzbalken frei und ließ Gemäuerteile der alten Gebäude sichtbar stehen. Das Ergebnis war und ist ein echter Hingucker: Die Wiehler Stadtbücherei gilt als schönste im Oberbergischen Kreis. Am 23. August 1990 zeigte sie erstmals öffentlich das neue Gewand.
Der damalige Wiehler Bürgermeister Wilfried Bergerhoff bezeichnete die Einrichtung als „Wiehls gute Stube“ – und das ist sie bis heute geblieben. Christian Peter Kotz bekam aus den Händen Bergerhoffs den Silbernen Wiehltaler überreicht: für seine Verdienste um das historische Ortsbild. Die Bausubstanz ist zwar betagt, zwischen den alten Mauern zeigt sich die Stadtbücherei aber auf Höhe der Zeit: Außer Büchern gibt es CDs, DVDs und trendige Medien wie die Tiptoi-Bücher. Fast 6000 Titel entfallen auf elektronische Medien. Insgesamt bietet die Stadtbücherei heute mit ihren Zweigstellen in Bielstein und Drabenderhöhe rund 42.000 Medien, davon allein 36.000 Bücher und Zeitschriften. Natürlich zeigt das Haus seit einer Weile auch Präsenz auf Facebook und Instagram. Insofern hat sich eine Menge verändert seit 1990 – aber der Charme der Räume ist geblieben.