Kirsten Genglawski aus Verr mit ihren ukrainischen Gästen Natalie (l.) und Anastasia Zharenko (4. v. l.), den Eheleuten Inna (2. v. r.) und Jörg Wilken sowie Bürgermeister Ulrich Stücker (r.). Fotos: Christian Melzer
Über die Initiative und das daraus erwachsene orthodoxe Osterfest verfasste Ursula Schenker aus Drabenderhöhe diesen Text:
Eine Woche nach den Katholiken und Protestanten feiern die orthodoxen Christen mit eigenen Bräuchen ihr Osterfest. Durch den Krieg in der Ukraine knüpfen Gläubige besondere Hoffnungen an das Fest der Auferstehung von Jesus Christus, an die Botschaft vom Sieg des Lebens über den Tod.
Während in der Ukraine ein grausamer Krieg tobt,sind viele Bewohner aus ihrer Heimat geflüchtet. Es sind überwiegend Frauen und Mütter mit ihren Kindern, die Zuflucht auch hier bei uns gesucht haben und mit offenen Herzen von Familien privat in ihren Häusern willkommen geheißen und aufgenommen wurden. Zu ihnen gehören Christian und Sonja Wessel sowie Jörg und Inna Wilken aus Wiehl-Büttinghausen, die gleich nach Ausbruch des Krieges Flüchtlinge bei sich aufnahmen. „Anfangs waren es bis zu neun Personen“, sagt Jörg Wilken, dessen Frau Inna ukrainische Wurzeln hat. Sein Nachbar Christian Wessel war schnell mit dabei, brachte mit seinem VW Bus über Polen Hilfsmittel bis an die ukrainische Grenze und nahm auf der Rückfahrt Geflüchtete mit.
Christian Wessel hatte auch die Idee alle in Wiehl lebenden ukrainischen Flüchtlinge zu einem orthodoxen Osterfest einzuladen, damit sie sich untereinander besser kennen lernen. Rund 80 Erwachsene und 40 Kinder hatten sich dazu angemeldet. Das Fest begann mit einem Gottesdienst in den Räumen der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) in Drabenderhöhe und mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Großer Gott wir loben dich“ (zweisprachig gesungen). Für musikalische Untermalung sorgten Tabea Schäfer und Nicola Krieger. Während Jens Liebelt als Moderator fungierte übersetzte Jakob Janzen seine Worte ins ukrainische. Dabei ging es unter anderem um die Liebe Jesu und die Hoffnung, die wir durch ihn haben“.
„Durch Jesus Tod und Auferstehung haben wir eine lebendige Hoffnung“, betonte Andreas Flanz in seiner Predigt, in der es darum ging, dass die Hoffnung lebe und ewig bleibe in Christus selbst. Denn die Welt könne uns keine Hoffnung machen, da werde es jeden Tag schlimmer. „Dieses Ostern ist überschattet von Leid und Angst.“ Anschließend ging es ins Gemeindehaus, wo ein Buffet mit ukrainischen Speisen auf die Besucher wartete. Für die Kleinsten gab es eine Ostereier-Malwerkstatt, wo die 17-jährige Anastasia Yushchenko mit ihnen filigrane Muster und Motive auf die Eier malte.
Im Gemeindehaus war das Büfett zum orthodoxen Osterfest angerichtet.
Inna Wilken, die einen ukrainischen Kopfschmuck trug, begrüßte mit Inga Lutter die Gäste mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“. Man sei dankbar dafür, dass die überwiegend geflüchteten Frauen mit ihren Kindern hier in Sicherheit seien, aber man sei auch in Sorge um die Männer, Familien und Nachbarn, die noch in der Ukraine lebten. Trotzdem wolle man heute voller Zuversicht das Osterfest feiern, „denn Ostern ist das Fest der Hoffnung“. Und Hoffnung sei das, was man so sehr brauche, auch für weitere 29 Kriegsschauplätze auf der Welt.
„Was Sie erlebt haben, übersteigt meine Vorstellungskraft“, sagte Bürgermeister Ulrich Stücker in seinen Grußworten an die Geflüchteten, vor deren Augen sicherlich noch immer Bilder von Krieg und Schrecken ablaufen würden. „Die Angst können wir Ihnen nicht nehmen, aber wir können Ihnen Geborgenheit und Sicherheit geben.“ Er drückte Freude darüber aus, dass die meisten von ihnen privat in Familien aufgenommen worden seien. „Grüßen Sie ihre Familien, die noch in der Ukraine sind und sagen sie ihnen, wir tun alles, damit es Ihnen hier gut geht.“
Damit es den Gästen beim orthodoxen Osterfest gut ging, dafür sorgten im evangelischen Gemeindehaus viele Menschen. Nachdem Christian Wessel bei Anita Gutt in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Drabenderhöher Kreisgruppe Verband der Siebenbürger Sachsen angerufen und sie um Mithilfe bei einem Treffen gebeten hatte, holte Gutt noch andere mit ins Boot. Neben der Freien evangelischen Gemeinde sagten auch der Heimatverein, Volker Stache vom Ernteverein, die evangelische Kirchengemeinde sowie die Familie Dima, Claudia Sokoll und andere zu, dieses Fest mit zu gestalten.
Gespendet haben: Heimatverein (200 Euro), Flüchtlingshilfe Wiehl (500 Euro), Volksbank Oberberg (175 Euro). Das Geld soll an die Ukraine-Hilfe gespendet werden. Sachspenden kamen noch von der evangelischen Kirchengemeinde und von der Stadt Wiehl (Spielzeug/Schulmaterial).
Mit ihrer Hilfe wurde das orthodoxe Osterfest ein Erfolg (v. l.): Claudia Sokoll, Anita Gutt, Volker Stache, Natalie Zharenko, Jörg Wilken, Kirsten Genglawski, Anastasia Zharenko, Inna Wilken, Bürgermeister Ulrich Stücker und Inga Lutter.
Das Leben von Sonja und Christian Wessel aus Büttinghausen mit ihren vier Kindern war eigentlich schon immer ziemlich turbulent: Leo (11), Carl (9), Frieda (2) und die acht Monate alte Luise sorgten schon dafür, dass es Mama und Papa nie Langweilig wurde. Seit einigen Wochen sind aus den sechs Personen nun neun geworden, die das Haus mit Leben erfüllen. Seitdem wohnen Alona und ihre Töchter Vanja (5) und Uljana (9) bei ihnen, die vor dem Krieg geflüchtet sind. Mit ihren Angehörigen in Kiew telefonieren sie fast täglich.
Christian Wessel, Hauptorganisator des orthodoxen Osterfestes, machte nicht nur in seinem Haus Platz für Kriegsflüchtlinge, sondern vermittelte bisher rund 20 ukrainischen Familien eine Wohnung. Hauptsächlich sind es Mütter mit ihren Kindern, die durch private Kontakte eine neue Bleibe im Oberbergischen gefunden haben. Sprachliche Probleme werden von Sonja Wessel und Alona per Handy-Übersetzer gemeistert. „Und die Kinder haben gar keine Probleme, die verständigen sich beim Spielen mit Händen und Füßen, haben ihren Spaß.“ Lustig geht es oft zu, wenn Familie Wessel mit ihrem neunsitzigen VW-Bus zur Spritztour einlädt, egal ob es zu Freizeitaktivitäten, Einkäufen oder auch einem Arztbesuch geht: Dann wird durchgezählt, ob auch alle an Bord sind.
Im Haus von Inna und Jörg Wilken ging's anfangs noch lebhafter zu: „Neun Personen haben wir aufgenommen. Jetzt sind es noch drei, Chrystyna Demianchuk mit ihren Töchtern Masha (5) und Sascha (8). Für Inna, die aus der Ukraine stammt, war es ein besonderes Anliegen, ihren Angehörigen zu helfen. Sie war es auch, die im Gemeindehaus ihren Landsleuten für Infos „wie das Leben in Deutschland so läuft“ zur Verfügung stand.