Das Jugendamt der Stadt Wiehl richtete für insgesamt 10 Erzieherinnen - davon 6 Erzieherinnen aus den 3 Kindergärten in städtischer Trägerschaft in Marienhagen, Weiershagen und Wiehl - eine Ausbildung im Bielefelder Screening (BISC) und im Würzburger Trainingsprogramm (WTP) aus. Erzieherinnen aus dem evangelischen Kindergarten Drabenderhöhe und dem Adele-Zay Kindergarten haben sich dieser Fortbildung angeschlossen
Zur Durchführung konnte die Fachreferentin für Kindertageseinrichtungen Frau Marlis Burde aus Löhne gewonnen werden. Die Qualifizierung begann im September 2003 und endete nach 4 weiteren Blöcken am 25. Juni 2004 mit einer Zertifikatsübergabe durch den Bürgermeister der Stadt Wiehl, Herrn Becker-Blonigen und der Referentin Frau Burde.
Durch diese berufsbegleitende Ausbildung können die Erzieherinnen die Vorschulkinder gezielt auf ihr phonologisches/sprachliches Bewusstsein testen und die frühzeitige Erkennung einer Lese- Rechtschreibschwäche ist mit einer 95 % Sicherheit zu gewährleisten.
Eine Forschergruppe der Universität Bielefeld hat mit dem Bielefelder Screening (BISC) ein Testverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe Entwicklungsrückstände im Bereich des Lesen- und Schreibenlernens bereits vor der Einschulung festgestellt werden können. Der Test eignet sich zur Reihenuntersuchung und ist für Kinder zehn Monate vor Schuleintritt standardisiert.
Es kann z.B. geprüft werden, ob Kinder in der Lage sind, Sprache unabhängig vom Sinninhalt eines Wortes als Sequenz von Einzellauten zu begreifen. Diese Fähigkeit, von Legasthenie-Forschern als phonologische Bewusstheit bezeichnet, steht mit der Fähigkeit im Zusammenhang, die Schriftsprache zu erwerben.
Wenn zum Beispiel ein Kind gefragt wird: "Womit fängt 'Eisenbahn' an?" dann antwortet ein ganz kleines Kind: "mit der Lokomotive", ein Vorschulkind "mit Ei'" und ein Schulkind "mit E". Um einen konkreten Förderbedarf bzw. Risikokinder für Lese-Rechtschreib-Schwächen festzustellen, müssen die Kinder im Test Aufgaben zur phonologischen Bewusstheit lösen (z.B. Reimvergleichsaufgaben), in denen Aspekte des Kurz- und Langzeitgedächtnisses und Aspekte der visuellen Aufmerksamkeitssteuerung getestet werden. Da die Aufgaben relativ leicht zu bewältigen sind, werden die Kinder gefiltert, welche die meisten Aufgaben nicht lösen können bzw. nach einem genau definierten Punktesystem mindestens vier sogenannte Risikopunkte erreicht haben. Der BISC-Test dauert 20 bis 30 Minuten und die Auswertung nochmals 10 Minuten. Geprüft werden in neun Untertests etwa die Fähigkeiten, Pseudowörter nachzusprechen, möglichst schnell die Farben von schwarz-weiss gezeichneten Obst- und Gemüsesorten benennen oder Reime erkennen zu können.
Kinder, bei denen durch das "Bielefelder Screening" erkannt wird, dass sie zu denen zählen, die gefährdet sind, Lese- und Rechtschreibprobleme zu entwickeln, können dann durch das Würzburger Trainingsprogramm "Hören - Lauschen - Lernen" speziell in ihrer phonologischen Bewusstheit, ihrer Aufmerksamkeit und ihrem Gedächtnis gefördert werden. Die Fördergruppe setzt sich aus Kindern zusammen, die Schwierigkeiten beim genauen Hinhören haben, Schwierigkeiten im kreativen und analysierenden Umgang mit Sprache, also z.B. nicht reimen können.
Die Ergebnisse zahlreicher psychologischer und pädagogischer Studien belegen, dass phonologische/sprachliche Bewusstheit eine sehr wichtige Voraussetzung zum problemlosen Lesen- und Schreibenlernen ist und dass entsprechend geförderte Kinder im Vergleich zu nicht geförderten bis weit in die Grundschulzeit hinein von einem Frühförderkonzept profitieren. Das Programm zielt dementsprechend genau auf die Förderung der sprachlichen Bewusstheit während der Vorschul- und Einschulungsphase. Bei Kindern, die basierend auf ihrem BISC-Ergebnis mit Hilfe des Würzburger Trainingsprogramms gefördert wurden, wird 4 Monate vor der Einschulung erneut das BISC eingesetzt, um Entwicklungsfortschritte zu dokumentieren.
Bereits in diesem Kindergartenjahr 2003 / 2004 haben die teilnehmenden Erieherinnen begleitend zur Ausbildung Kinder durch das BISC getestet. In den Einrichtungen wurde anschließend das Würzburger Trainingsprogramm 20 Wochen durchgeführt.