Hans Dietrich Genscher auf dem Homburger Sparkassen-Forum zum Thema europäische Einigung

(27. Juni 2005) Sparkassendirektor Manfred Strathaus konnte beim 23. Sparkassenforum in der Aula des Wiehler Gymnasiums mehr als 700 Zuhörer begrüßen.
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Sparkassendirektor Manfred Strathaus und FDP-Politiker Hans-Dietrich GenscherSparkassendirektor Manfred Strathaus und FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher Sparkassendirektor Manfred Strathaus konnte beim 23. Sparkassenforum in der Aula des Wiehler Gymnasiums mehr als 700 Zuhörer begrüßen. Der Referent des Abends, der ehemalige Außenminister und FDP-Politiker Hans-Dietrich Genscher, hatte einen schon terminierten Besuch im letzten Jahr wegen Krankheit absagen müssen. Ganz offensichtlich war das Interesse am Referenten, aber auch am Thema seiner Rede, durch die Aktualität noch gestiegen und hatte zu dieser ungewöhnlich hohen Besucherzahl geführt.

Manfred Strathaus verlas in seiner Einführung u.a. eine kurze Vita des Gastes. Hans-Dietrich Genscher wurde im Jahr 1927 geboren und gehört damit zu der Generation, die mit knapper Not das nationalsozialistische Chaos überstanden hat und dadurch für ihr Leben geprägt wurde.

Außenminister a.D. Genscher bezeichnete es als Glück, dass sein damals vorgeschlagenes Referatsthema heute aktueller sei als je zuvor.

Viele Bürger seien verunsichert und meinten, durch den negativen Ausgang der Volksbefragungen und die durch Tony Blairs Haltung verursachte Missstimmung, gerate das Vereinte Europa in eine große Krise, die das Ende bedeuten könne. Die Befürchtung teile er nicht. Die Staaten Europas seien ohne Ausnahme an der EU interessiert, weil sie sich Vorteile davon erwarteten. Wenn es aber darum gehe, Abstriche und Zugeständnisse im Sinne der Vereinigung hinzunehmen, seien Widerstände und unterschiedliche Meinungen normal. Man brauche Zeit, sie zu überwinden. Wichtig sei es, für hausgemachte Probleme nicht die EU verantwortlich zu machen, sondern im eigenen Land nach Lösungen zu suchen. Das gelte besonders für Frankreich, wie der Ausgang des Volksentscheids deutlich gemacht habe.

Adenauer, Schumacher und Heuss - Politiker wie sie nicht unterschiedlicher hätten sein können - waren sich seiner Zeit schon bewusst, dass nur ein Zusammenschluss Europas einen dritten Weltkrieg verhindern kann. Die Lehre aus der Geschichte und die Verhinderung eines neuen Völkermordes bildeten den Anfang. Sechs Staaten schlossen sich zusammen und erhielten - ohne Rücksicht auf ihre Größe - das gleiche Mitspracherecht. Inzwischen bestehe die EU aus 25 Mitgliederstaaten, und es gebe immer noch Anwärter auf eine Aufnahme. Obwohl schon in den sechziger Jahren der Türkei grundsätzlich eine Mitgliedschaft zugesichert worden sei, werde es vielleicht noch einmal 10 Jahre dauern, bis sie Wirklichkeit werden könne.

Wir Deutschen dürften nicht vergessen, dass wir die Wiedervereinigung vorrangig der Unterstützung durch die EU-Staaten einschließlich USA verdankten.

Die Globalisierung schaffe eine neue Welt, in der Europa ein wichtiger Faktor sei. Nach der Überwindung des bipolaren Systems UDSSR/USA fühlten sich die USA als wichtigste Weltmacht. Europa müsse alles daran setzen, aus dieser jetzt unipolaren Weltordnung eine multipolare entstehen zu lassen, um die Weltordnung mitzugestalten.

Genscher betonte, dass Wettbewerb, Bildung, Forschung und Entwicklung in Europa Prioritäten erhalten müssten. Das Kraftzentrum Europa habe sich das Ziel gesetzt, der Welt aufzuzeigen, was möglich ist: Eine Vereinigung gleichberechtigter Staaten, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind und sie wahrnehmen.

Außenminister a.D. Hans-Dietrich Genscher verstand es, mit Anekdoten aus seiner langen Dienstzeit das so ernste Thema gelegentlich aufzulockern. Im Anschluss an sein Referat musste er sich vielen Fragen der offensichtlich sehr interessierten Wiehler Bürger stellen.

Trotz des heißen Wetters zeigten sich die Zuhörer beeindruckt von dem, was Hans-Dietrich Genscher ihnen aus seiner Sicht über die europäische Einigung vorgetragen hatte, wenn auch der integren Persönlichkeit des Elder Statesman Genscher die abschließenden "standing ovations" vorrangig gegolten haben mögen.

Marianne Stitz

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