LVR ehrt engagierten Heimatpfleger: Verleihung des Rheinlandtalers an Ernst Birkholz

(5. Mai 2011) Ernst Birkholz wurde am 4. Mai mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet, er hat sich seit vielen Jahren um die Bewahrung der Heimatgeschichte des Homburger Landes und auch um die Pflege der Homburger Mundart verdient gemacht.
Ernst Birkholz - Fotos: Christian MelzerErnst Birkholz - Fotos: Christian Melzer Nachfolgend einige Ausschnitte aus der Anprache von Frau Jutta Eckenbach, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, zur Verleihung des Rheinlandtalers an Herrn Ernst Birkholz am 4. Mai 2011 in Wiehl-Bielstein: Das Schloss Homburg, eingebettet in malerischer Landschaft, ist heute das markanteste Relikt der ehemaligen Reichsherrschaft Homburg, jenes Kleinstaates, der 1806 wie viele andere durch Napoleon seine Eigenständigkeit verlor. Bis dahin residierten in diesem historischen Gemäuer landadelige Grundherren, zuletzt die Grafen von Wittgenstein-Berleburg. Sie verwalteten ein überschaubares Territorium, das nach heutigen Maßstäben nicht einmal die halbe Fläche des Oberbergischen Kreises ausmachte. Wiehl, Nümbrecht und Waldbröl zählten zu den größten Ortschaften dieses kleinen Landes.

Die Mentalität seiner Menschen, die hier wohnen, die bescheiden vom Acker- und Bergbau lebten, ist seit der 1605 eingeführten Reformation stark vom Calvinismus beeinflusst. Protestantische Askese, strenge Kirchenzucht und das Streben nach wirtschaftlichem Wohlstand bestimmten das Leben der Homburger Untertanen. Arbeiten und Wirtschaften in diesem kargen Hügelland war der von Gott vorbestimmte Selbstzweck ihres Lebens. Die besondere Frömmigkeit der Homburgischen Bevölkerung prägte einen Lebensstil und eine Eigenständigkeit im Denken und Handeln, die auch heute noch die Menschen in dieser Region auszeichnet. Einer dieser Menschen ist Ernst Birkholz. Er wurde 1937 in Damte bei Bielstein geboren und lebt bis heute auf dem Anwesen seiner Vorfahren, die dort einst Ackerbau und Viehzucht betrieben. Ernst BirkholzErnst Birkholz Ernst Birkholz begann Anfang der 1950er Jahre im elterlichen Betrieb seine Ausbildung. Damals befand sich die Landwirtschaft in einem großen Umbruch: Maschinen ersetzten die menschliche und tierische Arbeitskraft, und die wachsenden Ernteerträge bescherten auch kleinen Bauern einen bescheidenen Wohlstand. Die sogenannte Wirtschaftswunderzeit verbesserte die Lebensverhältnisse auf dem Land nachhaltig.

Viele alte Dinge, die bis dahin den Menschen lieb und teuer waren, galten plötzlich nichts mehr: Bauernmöbel verwandelten sich in Brennholz, und das polierte Messinggeschirr in der Küche, einst Stolz der Bauersfrau, nahm der Alteisenhändler mit.

Ernst Birkholz störte dieser Umgang mit der traditionellen Überlieferung, die bedingungslos modernen Komfortbedürfnissen geopfert wurde. Schon in seiner Jugend begann er, alte Bilder, Schriftstücke und Gegenstände zu sammeln, die ohne sein Engagement heute nicht mehr vorhanden wären. Sein Interesse an der Heimatgeschichte führt Ernst Birkholz auch auf die Erzählungen seines Großvaters mütterlicherseits zurück, dem er sich eng verbunden fühlte. Sein Großvater vermittelte ihm nachhaltig Eindrücke und Werte aus einer Zeit, als weder Eisenbahn noch elektrischer Strom die abgeschiedenen Dörfer im Homburgischen erreichten. Vor allem die Eigentümlichkeiten von Großvaters Sprache begeisterten den jugendlichen Zuhörer sehr. Ernst Birkholz zählt heute zu den wenigen Menschen, die die alte Homburger Mundart noch pflegen. Nachhören kann man dies auf sehr amüsante Weise in seinem Hörbuch „Der rasende Homburger“, auf dem er Anekdoten in original Homburgischer Mundart zum Besten gibt.

An seinen Großvater Wilhelm väterlicherseits kann sich Ernst Birkholz nicht mehr erinnern: Dieser wurde 1926 in Brasilien ermordet. Erst kurz zuvor war Wilhelm Birkholz mit seiner Familie aus Bielstein ausgewandert. Nicht die Armut, sondern das missionarische Sendungsbewusstsein lockte den frommen Kolonialwarenhändler mit den Seinen in die Fremde. In Porto Feliz in Zentralbrasilien betrieb er eine Plantage.

Im Jahr 1992 knüpfte Birkholz, auch an diesen Teil seiner Familiengeschichte an und reisten auf den Spuren seines Großvaters nach Südamerika. Von dort konnte Herr Birkholz sogar noch einen Hobel zurück nach Damte bringen, den sein Großvater einst aus tropischen Hölzern gefertigt hatte. Dieses Werkzeug zählt heute zu den vielen bemerkenswerten Sammlungsstücken des Heimatmuseums, das Herr Birkholz 1994 auf private Initiative eingerichtet und bereits drei Jahre später erweitert hat. Bürgermeister Werner Becker-Blonigen und Ernst BirkholzBürgermeister Werner Becker-Blonigen und Ernst Birkholz In der Zwischenzeit hatte Ernst Birkholz seine mit Herz und großem Engagement betriebene väterliche Landwirtschaft mit acht Kühen gegen einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst getauscht. Als Angestellter des Landschaftsverbandes Rheinland arbeitete er viele Jahre bei der Straßenbauverwaltung in Gummersbach und begleitete unter anderem den Bau der imposanten Autobahnbrücke über das Wiehltal.

Seit seinem Ruhestand widmet sich Herr Birkholz ganz seiner Leidenschaft: dem Sammeln von historischen Objekten aus dem Homburger Land. Mittlerweile hat sich in der hiesigen Bevölkerung herumgesprochen, dass derartige Dinge bei Ernst Birkholz gut aufgehoben sind. Er genießt Vertrauen, und man überlässt ihm gerne historische Dokumente und Objekte aller Art. Auf diese Weise hat Herr Birkholz eine beeindruckende Sammlung zur Homburger Geschichte zusammen getragen, die er in seinem Museum der Öffentlichkeit zugänglich macht.

In dem „Kuhstallmuseum“ in Bielstein-Damte finden sich Dinge, die Geschichten erzählen können: Ob das Fotoalbum einer Musiklehrerin, die in ihrer 50-jährigen Dienstzeit jeden einzelnen ihrer Schützlinge porträtiert hat, oder die Fahne des längst vergessenen Bielsteiner Schützenvereins – diese meist persönlichen Erinnerungstücke künden auf lebendige Weise vom historischen Alltag im Homburger Ländchen und von seinen Bewohnerinnen und Bewohnern. V.l.: Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, Ernst Birkholz, Jutta Eckenbach und Landrat Hagen JobiV.l.: Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, Ernst Birkholz, Jutta Eckenbach und Landrat Hagen Jobi Ernst Birkholz ist ein Menschenfreund und sammelt nicht zum Selbstzweck. Jeder, der möchte, kann seine Sammlung kostenlos in seinem Haus in Damte besichtigen. Das tun nicht wenige, und mehrmals im Jahr finden auch Reisebusse den Weg in den kleinen Ortsteil. Ernst Birkholz schätzt, dass bislang rund 10.000 Menschen kamen und die lebensgeschichtlichen Objekte und Dokumente betrachteten.

Das Unverwechselbare seines kleinen Heimat- und Kuhstallmuseums aber ist Ernst Birkholz selbst. Er lebt in und mit seinem Museum, und er hat die seltene Gabe, die Besucherinnen und Besucher für die Alltagsgeschichte des Homburger Ländchens zu begeistern.

Herr Birkholz hat in Privatinitiative in seinem Heimat- und Kuhstallmuseum Schätze aus mehreren Jahrhunderten zusammengetragen. In seinem Museum pflegt er in vorbildlicher Weise die Heimatgeschichte aus dem Homburger- und Bergischen Land. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es wichtig, alte Spuren über Kultur, Handwerk und Gewerbe aus vergangenen Jahrhunderten und damit die Wurzeln unserer Geschichte zu zeigen und zu erhalten.

Der LVR verleiht den Rheinlandtaler seit 1976 an engagierte Persönlichkeiten, die sich über viele Jahre in ehrenamtlicher Tätigkeit für die Bewahrung der rheinischen Geschichte und Kultur eingesetzt haben. Das Sammeln und Bewahren historischer Quellen gehört zu der verdienstvollen Arbeit, die von heimatbewussten Bürgerinnen und Bürgern ehrenamtlich und in privater Initiative geleistet wird. Dies trifft in besonderer Weise auf Herrn Ernst Birkholz zu.