Reise in den Nahen Osten

(26. April 2019) 17 Schülerinnen und drei Schüler im Alter von 17 Jahren vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Wiehl machten sich am 9. April 2019 mit ihrer Lehrerin, Frau Tanja Schuhen, sowie den Lehrern Wolfgang Fiedler und Frank Wendel unter Leitung von Gerhard und Iris Hermann vom Freundeskreis Wiehl/Jokneam auf die Reise in den Nahen Osten.
Diese Reise war gut vorbreitet und alle waren gespannt, denn zunächst stand ein Treffen in der Partnerstadt Jokneam mit der Partnerschule Alon High School an und die beiden ersten Nächte wurden in Gastfamilien verbracht. Soviel kann sicherlich vorweg gesagt werden: Es wurde eine Reise mit vielen Höhepunkten, persönlichen Begegnungen und Erleben der politischen Situation im Nahen Osten. Es wurde klar, die persönliche Auseinandersetzung in dieser Region kann kein Geschichtsunterricht ersetzen.

Aber der Reihe nach: Nach Ankunft in Jokneam wurde die Gruppe freudig von Schülern und deren Eltern sowie von den Lehrern begrüßt. Jeder kannte seinen Gastgeber, denn im Vorfeld gab es bereits per Whatsapp Kontakte hin und her und alles war durch den Lehrer Danny Benishway gut vorbereitet.

Der erste Tag in Israel verlief ganz im Zeichen der Begegnung. Aber zunächst fand eine Tour mit Danny Benishway, dem Organisator und Verbindungsmann der Schule, statt. Dabei stand als erstes Ziel Haifa mit den Bahai’i-Gärten und den Blick auf den Hafen auf dem Programm. Anschließend ging es nach Binjamina zur Besichtigung des Rothschild-Gartens.

Der Besuch im Beth-El-Kibbuz danach war eine Besonderheit: Der Kibbuz Beth El (auch: Bet-El, „Haus Gottes“) ist ein christlicher Kibbuz mit protestantischen Wurzeln in Zichron Ja’akow in Israel, der 800 Einwohner hat. Etwa 100 Mitglieder des Kibbuz leben im Ausland. Der Kibbuz wurde im Jahre 1963 von der Deutschen Emma Berger gegründet, um Überlebenden des „Holocaust“ (Shoa) mit christlicher Nächstenliebe zu helfen. Er ist bekannt für seine Beth-el Industries, die Weltmarktführer für Luftfiltersysteme sind. Die Gemeinschaft erinnert in ihrer Lebensart an die Amischen. Ihre Inspiration stammt aus der Bibel. Sie haben kein Fernsehen oder Zeitung, keine Cafés oder Clubs, hingegen einen Chor. Für die Kinder hat der Kibbuz eine Grundschule und eine weiterführende Schule, die die Kinder auf einen Teil des israelischen Abiturs vorbereitet, das dort auch teilweise absolviert werden kann. Die weiterführende Schule bildet direkt für den Ingenieursberuf in den eigenen Firmen aus. Die meisten Mitglieder der Gemeinde sind Bürger des Landes, nur ein kleiner Anteil aber hat die Staatsbürgerschaft. Über 20 Männer des Kibbuz dienen beim israelischen Militär. Dies alles wurde uns von einem Kibbuzmitglied berichtet und es entstand anschließend eine Diskussion.

Nach der Rundfahrt ging es zur Schule und zum gemeinsamen Essen. Danach trafen sich alle in der Aula und es wurden gemischte Teams (Jokneamer und Wiehler) gebildet, die Aufgaben zu lösen hatten. Alle Teams haben die Aufgabe sehr ernsthaft gelöst und dabei auch Spaß gehabt. Der Abend stand ganz im Zeichen der Begegnung, denn alle Gäste aus Wiehl mit ihren Gastgebern waren in eine Familie eingeladen. Es war ein Abend, der von allen so schnell nicht vergessen wird. Parallel dazu traf sich die Leitung mit dem Schulkollegium und tauschte sich aus. Deutlich hervorgehoben wurde die Bedeutung von Partnerschaften.

Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen und die Schülerinnen und Schüler aus Wiehl waren der Meinung, dass der Aufenthalt in Jokneam auch länger hätte dauern können. Unter fachkundiger Führung von Ofer, unserem Guide, führte uns die Fahrt am nächsten Morgen in den Golan. Hier konnten alle die besondere Grenzsituation zu Syrien und die Bedrohung in den vergangenen Kriegen erkennen. Auf dem Rückweg ging es durch das Drusendorf Mas’ade und auch darüber wurde besonders informiert. So spielten während der gesamten Zeit auch die Religionen in Israel und im Nahen Osten eine besondere Rolle.

Am See Genezareth standen der Besuch der Kirche der Seligpreisung und der Petruskirche auf dem Programm. Die nächste Unterkunft war im Kibbuz Degania, ein Kibbuz der Gründerzeit aus 1920 und nach dem Abendessen stand Idan vom Kibbuz der Gruppe zur Information und Diskussion zur Verfügung. Auch hier hätte die Gruppe länger bleiben können, war doch der See Genezareth in unmittelbarer Nähe und auch der Kibbuz hatte seine Besonderheit.

Doch ein weiterer Höhepunkt stand für den nächsten Tag auf dem Programm. Es ging durch die Westbank, also durch besetztes Gebiet, daran auch erkennbar, dass der Bus Grenzstationen durchfahren musste. Die Fahrt durch die Wüste bot allen einen einmaligen Anblick. Ein erster Stopp war die Taufstelle Jesu am Jordan Qasr al-Yahud. Ofer informierte ausführlich über die Veränderung des Toten Meeres. Aber bevor es dahin ging, gab es eine kleine Wanderung in der Oase Ein Gedi bis hin zum David-Wasserfall, einmalig und begeisternd. Doch noch einmaliger sollte anschließend das „Baden im Toten Meer“ sein. Hier konnte jeder erleben, dass das Wasser mit einem Salzgehalt von 33 % einfach trug und es keiner Schwimmkünste bedurfte.

Danach dann die politische Situation: der Bus brachte die Gruppe durch die Grenzkontrollen und vorbei an Siedlungen (Wohngebiete) und Mauer nach Talitha Kumi in Beth Jala, einem Gästehaus der Berliner Mission. Nach dem Abendessen gab es auch hier ein Gespräch und eine Diskussion mit dem Schulleiter Matthias Wolf. Er berichtete von der Geschichte aber auch von der aktuellen Situation: 800 Schüler besuchen täglich die Schule und dabei sind 80 Schüler, die die Schule und das Abitur in Deutsch absolvieren. Neben der Schule gibt es einen Kindergarten und eine Ausbildung für Hotelgewerbe. Eine direkte Konfrontation mit dem Nahost-Konflikt sollte dann am nächsten Tag erfolgen. Unter Leitung von Faten Mukarker, einer Palästinenserin, erfuhr die Gruppe einiges über die Konfliktlage. Aber deutlicher wurde es, als ein Jugendzentrum in einem Flüchtlingslager besucht wurde. Die Palästinenser, bereits in dritter Generation im Flüchtlingslager, informierten im Film und in einem kleinen Vortrag über ihre Lage, die weitab von einer friedlichen Lösung zu sein schien.

Noch lange haben dieser Besuch und die Diskussion bei der Gruppe sich ausgewirkt, Gespräche entstanden und mehrere Schülerinnen formulierten ihre Gedanken dazu. Da die Reisegruppe entstanden ist aus einer Projektgruppe „dass Auschwitz nie wieder geschehe“, war der Besuch von Yad Vashem am nächsten Tag nur logisch. Unter Leitung eines Mitarbeiters wurden die Halle der Kinder, das Janusz-Korcak-Mahnmal, das Museum sowie das Tal der Gemeinden aufgesucht. Ein nicht leichter Weg, der zu gehen war und Tränen wurden hier nicht unterdrückt. Es war eine Fahrt der Begegnung und der besonderen Kontakte. Der Plan sah für die nächste Übernachtung das Friedensdorf Neve Shalom vor. Nach dem Abendessen gab es eine Informationsrunde sowie Diskussion mit Bob, einem Bewohner. Er machte deutlich, dass in Neve Shalom ein friedliches Zusammenleben von Juden, Moslems und Christen gelebt wird. Auch hier hätte die Gruppe länger bleiben können, an einem Ort der Stille und Meditation, nicht weit von Tel Aviv und Jerusalem. Doch Jerusalem mit der Altstadt und der Klagemauer war ein unbedingtes Muss für eine Gruppe, die zum ersten Mal in Israel ist. Ofer führte die Gruppe vom Ölberg herab, vorbei an Dominus Flevit, der Kirche der Nationen und dem Garten Gethsemane in die Altstadt, entlang der Via Dolorosa bis hin zur Grabeskirche. Von da aus ging es dann weiter durch den Cardo bis hin zur Klagemauer.

Am Abend wurde dann Tel Aviv-Jaffa erreicht. Ein Rundgang durch Jaffa am nächsten Vormittag mit dem Besuch bei einem Schmuckhersteller aus dem Jemen zeigte den Reiz der Altstadt. Am Nachmittag konnte die Gruppe Tel Aviv bei einer Busrundfahrt näher erleben. Die im Bauhaus-Stil errichtete Weiße Stadt, das weltweit größte Zentrum von Gebäuden im Internationalen Stil, ist seit dem Jahr 2003 UNESCO-Weltkulturerbe. Besondere Aufmerksamkeit erforderte der Stopp am Rabin-Platz, an dem Ofer noch einmal die Situation von 1995 verdeutlichte, und über den Mord an Jitzak Rabin informierte. Den letzten Nachmittag verbrachte die Gruppe dann am Strand von Tel Aviv. Als Resümee muss sicherlich gesagt werden, dass es eine besondere Fahrt war und der Guide Ofer mit dazu beigetragen hat, dass die schwierige politische Situation besser verstanden werden konnte. Aber ebenso hat Faten Mukarker einen großen Teil zum Verständnis beigetragen.

Der Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern am Anfang und dazu die Erfahrungen aus Kibbuz, Friedensdorf und deutscher Schule im Palästinensischen Gebiet sowie die Gespräche haben die Schülerinnen und Schüler nachhaltig geprägt und keiner ist so nach Hause gefahren wie er nach Israel gekommen ist. Alle waren der Meinung, dass auch andere Schülerinnen und Schüler eine solche Möglichkeit erhalten sollten. So ist zu hoffen, dass der Austausch mit den Schülerinnen und Schülern in Jokneam nachhaltige Wirkung zeigt.

Höhepunkte und Schwerpunkte der Reise
  • Begegnung mit Schülerinnen und Schülern in Jokneam
  • Kibbuzbesuch
  • Pal. Gebiete mit Führung durch eine Palästinenserin
  • Talitha Kumi mit Gespräch und Diskussion
  • Friedensdorf mit Gespräch und Diskussion
  • Eine Reise in das heilige „unheilige“ Land mit vielen Religionen: Juden, Muslimen, Christen, Drusen, Bahai‘
Gerhard Hermann