Inhalt

Impressum

Inhalt


SEITE 5ALLGEMEIN


Interview mit dem
Bundesabgeordneten
Friedhelm Beucher


Herrn Friedhelm Julius Beucher konnte bei der letzten Bundestagswahl (1998) im Oberbergischen Wahlkreis mit den meisten Stimmen das Direktmandat erlangen. Damit ist er zum dritten Mal nacheinander Mitglied der SPD-Fraktion, in die er zuvor über die Landesliste gelangte: Für unsere Redaktion Anlass , ihn um ein Interview zu bitten. Die Zusage kam prompt. Das Gespräch fand in einem kleinen gemütlichen Raum bei Kaffee und Gebäck im Dienstleistungszentrum des Vereins für soziale Dienste in Wiehl statt. Herr Beucher ist im Juli 1946 in Bergneustadt geboren. Seit über 30 Jahren ist er verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Seine Bodenständigkeit als Oberberger ist bei den vielen Stationen seiner beruflichen/politischen Laufbahn dadurch erwiesen, dass er noch heute in seiner Geburtsstadt sein Zuhause hat. Allein neun Jahre leitete er dort als Rektor eine Gemeinschafts-Grundschule.

Nachfolgend Fragen und Antworten:

Red.:
Herr Beucher, bei der Betrachtung der Fülle Ihrer leitenden Positionen, Mitgliedschaften und ehrenamtlichen Aufgabenbereichen scheinen mir diese Punkte besonders erwähnenswert: Sie sind Vorsitzender des Sportausschusses des Deutschen Bundestages, als ehemaliger Rektor einer Gemeinschaftsschule ausgewiesener Pädagoge und verweisen daneben auf Zugehörigkeiten zum Weißen Ring, Amnesty International und Arbeiterwohlfahrt. Von außerordentlicher Bedeutung ist m. E. die Position des 1. Vorsitzenden beim Verein für soziale Dienste e. V., den Sie auch gegründet haben. Diese Institution kümmert sich vornehmlich um arbeitslose Jugendliche, Langzeitarbeitslose und körperlich und geistig Behinderte. Man erkennt schnell, dass Sie es sich zur Aufgabe gemacht haben, Menschen zu helfen, die sich nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens befinden.

Gibt es etwas, ein Erlebnis, oder eine stete Einwirkung, in Ihrem Leben, was Sie zur Durchsetzung dieses Wollens besonders geprägt hat?

FJB:
Ja, ich konnte und kann Ungerechtigkeiten nicht gut ertragen. Für so etwas hatte ich bereits als kleines Kind ein Gespür. Die Problematik ist nicht aus der Welt. Denken Sie z. B. an die unterschiedlichen Chancen bei jungen Berufseinsteigern: Diejenigen, die aus finanzschwachen Familien oder Kreisen kommen, sind auch heute noch aus vielerlei Gründen oft sehr benachteiligt. Als ehemaliger Rektor weiß ich, wovon ich rede.

Red.:
Der vorerwähnte Verein kann auf große Erfolge verweisen. Er hat zur Zeit ca. 270 Mitarbeiter und seit seiner Gründung mehreren tausend Menschen geholfen. Auch in Wiehl befindet sich eine Zweigstelle. An Vorstand und Leitung sind Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Behörde, Politik usw. beteiligt.

Spielte bei der Berufung die parteipolitische Ausrichtung der Betreffenden eine Rolle?

FJB:
Nein. In unseren Reihen befindet sich z. B. auch ein CDU-Mitglied.

Red.:
Der Verein für soziale Dienste bedarf natürlich auch des Wohlwollens und der Stützung der jeweiligen Kommune.
Sind Sie mit dem Umfang der Hilfsmaßnahmen der Stadt Wiehl zufrieden?

FJB:
Wiehl verhält sich beispielhaft. Daneben bieten wir unsere Dienstleistungen noch in 8 weiteren Gemeinden an.

Red.:
Sie selbst sagen von sich, dass Sie sich eher am linken Flügel Ihrer Partei positioniert sehen.
Müssen Sie nicht als "Partei-Linker" befürchten, dass Ihrer Karriere Grenzen gesetzt sind angesichts des immer wieder entbrennenden Kampfes um die politische Mitte vor den wichtigen Wahlen?

FJB.:
Es geht mir um die Menschen. Da sehe ich mich schon auf dem richtigen Platz in meiner Partei. Als Nassrasierer bin ich allmorgendlich gezwungen mein Konterfei im Spiegel zu betrachten. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir selbst offen in die Augen sehen können.



ALLGEMEINSEITE 6


Red.:
Statistiken besagen, dass die Kluft zwischen arm und reich in Deutschland und anderswo in der Welt immer größer wird. Die Kinderarmut nimmt beängstigendes Ausmaß an. Das ganze hat mit der Sozialen Frage zu tun, die der in Köln geborene August Bebel zum politischen Mittelpunkt seines Lebens gemacht hatte.
Kann man überhaupt etwas tun?

FJB:
Wenn an vielen Plätzen in dieser Welt viele kleine Dinge gegen diese Entwicklung getan werden, dann ist die Hoffnung nicht aufzugeben. Ich beantworte deshalb die Frage mit "Ja". Wäre ich anderer Meinung, hätte ich längst das Handtuch geworfen.

Red.:
Sie kommen aus einer sportlichen Familie. Ihr Vater ist Begründer des Boxrings Bergneustadt. Sie haben Marathonläufe absolviert, bei Ski-Marathons mitgemacht und sind auch heute noch sportlich aktiv. Von daher ist schon reichlich Kompetenz für den Vorsitz des Sportausschusses beim Deutschen Bundestag vorhanden.
Haben Sie als Vorsitzender unmittelbaren Einfluss auf die Vergabe von Fördermitteln an Vereine, Institutionen und einzelne Sportler?

FJB:
Ja, wir sind allerdings nur für den Spitzensport zuständig. Der Breitensport ist Sache der Länder. Im letzten Jahr wurden DM 400 Millionen im Bundeshaushalt zur Verteilung an die Spitzensportler bereitgestellt.

Red.:
Stimmt es, dass Sie sich ganz besonders für den Behindertensport einsetzten?

FJB:
Ja. Die Behinderten erbringen bisweilen großartige Leistungen. Wenn z. B. ein Beinamputierter 1,92 m überspringt, so ist das für mich schon eher ein Wunder, Ich setze mich sehr dafür ein, dass mehr Berichte über den Behindertensport in den Medien erscheinen. Das Silberne Lorbeerblatt wird mittlerweile auch an erfolgreiche Behindertensportler verliehen. Bei den Gehörlosen-Weltspielen, die demnächst in Rom stattfinden, werde ich z. B. vor Ort sein.

Red.:
Vor einigen Monaten fand in Drabenderhöhe eine Gedenkfeier für den vor 10 Jahren verstorbenen Robert Gassner statt. Ausrichter war die Landmannschaft Siebenbürgen. Vom Vorsitzenden, Herrn Bosch, der aus einem anderen politischen Lager kommt, wurden Sie betont freundlich begrüßt.
Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu den politischen Gegnern im Oberbergischen und fällt es Ihnen vielleicht ein bisschen schwer, deren Tugenden anzuerkennen?

FJB:
Überhaupt nicht. Mein Verhältnis zu politischen Gegnern ist unverkrampft. Mit einigen pflege ich sogar freundschaftliche Beziehungen. Und wenn es denn einmal sein muss: Das Wort Streitkultur ist für mich kein bedeutungsleerer Begriff.

Red.:
Als ehemaliger Rektor einer Gemeinschaftsschule und jetziger Vorsitzender des Sportausschusses haben Sie naturgemäß viel mit jungen Menschen zu tun. Generationsprobleme sind nicht neu. Sie scheinen aber zur Zeit besonders ausgeprägt zu sein. Der verbreitete Jugendkult weitet sich in Auswüchsen schon mal zum Jugendwahn aus.
Halten Sie diesbezüglich Klagen der Alten berechtigt, oder sollten auch die Senioren stärker auf die Jungen zugehen und verstehensbereiter sein?

FJB:
Junge Leute tun gut daran, zu bedenken, dass sie viel von dem, was sie heute als selbstverständlich erachten, denjenigen zu verdanken haben, die heute alt sind. Andererseits sollten allerdings auch die Älteren verstehensbereit sein. Eine Vernetzung der verschiedenen Altersgruppen zum Vorteil aller ist anzustreben. Hier und da besteht wohl Aufarbeitungsbedarf. Ich bin da nicht so ängstlich.

Red.:
Bei vielen Bürgerinnen und Bürgern ist eine fatale Feststellung zu machen: Das Vertrauen in die führenden Politiker befindet sich auf Null! Die Gründe liegen auf der Hand. Es sind zu viele schlimme Dinge in letzter Zeit geschehen.
Haben Sie hierfür Verständnis?


zurück weiter