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SEITE 3VORWORT / GEDICHT


Liebe Leserinnen und Leser,

es ist, als habe der 11. September 2001 mit seinen furchtbaren Ereignissen in New York extrem lange Schatten auf den Ablauf des allmählich zu Ende gehenden Jahres geworfen: Im nahen Osten eskalieren Gewalt und Gegengewalt, der Balkan kommt nicht zur Ruhe, südamerikanische Staaten geraten reihenweise in extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten und in Afrika grassieren Hunger und Armut. Täglich sterben Menschen durch Gewalteinwirkung oder Ernährungsmangel. In den USA werden plötzlich Riesenfirmen zahlungsunfähig, von denen man zuvor geglaubt hatte, sie seien sicher wie die "Bank von England". Ins Bild passen schlimme Flugzeugtragödien und z.B. das starke Ansteigen der Zahl der Bergunglücke: "Der moderne Mensch braucht nun einmal einen gewissen Kick!" Nun braucht dieser Kick nicht unbedingt darin zu bestehen, dass man auf Nimmerwiedersehen in einer Gletscherspalte verschwindet. Kurzum: Bisweilen scheinen Dürers Apokalyptische Reiter verdächtig nahe vorbeizugaloppieren.

Innerhalb unserer Staatsgrenzen steht es in vielen Belangen auch nicht zum Besten. Das Gespenst der Arbeitslosigkeit geistert durch die Lande und hat sich mit besonderer Hartnäckigkeit im Bereich der neuen Länder festgesetzt, wo man zu allem "Überfluss" - im bösen Sinne des Wortes - jetzt auch noch die Folgen der Hochwasserkatastrophe zu tragen hat. Da, wo vor zwölf Jahren die Menschen hoffnungsvoll mit der Parole "Wir sind das Volk" durch die Strassen zogen und Freiheit einforderten, ist die Begeisterung vielfach Skepsis gewichen. Nun ist das mit der Freiheit bisweilen so eine Sache. Kant hat es vor mehr als 200 Jahren mit seinem Kategorischen Imperativ etwa so auf den Punkt gebracht: Sie kann auf Dauer nur dann segensreich sein, wenn ein wichtiger Gegenpol da ist, nämlich die Vernunft. Ob wohl alle maßgebenden Persönlichkeiten in Politik und öffentlichem Leben diese Aussage verinnerlicht haben?

Nun bringt der letzte Monat, bzw. das letzte Quartal, des Jahres mit Advent und Weihnachtszeit immer wieder neuen Mut. Die rechte Stimmung bringt der vom Schreiber dieser Zeilen so sehr geschätzte Joachim Ringelnatz in seiner "Vorfreude auf Weihnachten" zum Ausdruck:

"Bald ist es Weihnacht! -
Wenn der Christbaum blüht,
Dann blüht er Flämmchen.
Und Flämmchen heizen. Und die Wärme stimmt
uns mild. - Es werden Lieder Düfte fächeln. -
Wer nicht mehr Flämmchen hat, wem nur noch Fünkchen glimmt,
Wird dann noch gütig lächeln.

Wenn wir im Traume eines ewigen Traumes
Alle unfeindlich sind - einmal im Jahr! -
Uns alle Kinder fühlen eines Baumes.
Wie es sein soll, wie's allen einmal war."


Was die Aussicht auf das Jahr 2003 angeht, so seien zwei Männer erwähnt, die sich in Herkunft und Weltanschauung grundlegend voneinander unterscheiden: Papst Johannes Paul II und der Philosoph Ernst Bloch. Während der Papst mit kaum noch verständlicher Stimme den mehr als hunderttausend jugendlichen Zuhörern kürzlich in Kanada zurief: "Verliert die Hoffnung nicht!", machte der von Hause aus marxistische Ernst Bloch das "Prinzip Hoffnung" zum Kernstück seiner philosophi-schen Arbeiten und Erkenntnisse.

Lassen Sie uns im Sinne dieser Aussagen auf das Neue Jahr zugehen!

Allen Lesern beste Wünsche für die Ad-ventszeit und die Weihnachtstage.

Günter Rauhut und Redaktion



ALLGEMEINSEITE 4


"Zweimal Sonntag"

Er ist wieder sehr still, dieser Sonntag. Auf der Strasse rührt sich nichts. Nur im Garten bringen die Vögel ein wenig Bewegung in den Tag.

Der alte Rücken verweigert jegliche Aktivität außerhalb des Hauses. Selbst in den vier Wänden fordert er äußerste Rücksichtnahme. Wie sich die Stunden doch ziehen. Wie sie dahinschleichen. Immer vor dem Fernseher zu sitzen - dagegen sind die Augen. Viel-leicht einen Brief schreiben. Aber dazu habe ich ja morgen Zeit - oder übermorgen - oder die ganze kommende Woche. Nichts drängt, was unbedingt erledigt werden müsste.

Die Kinder und Enkel lassen sich nicht se-hen. Sie sind froh, einmal viel Zeit in Familie zu haben. Dafür habe ich vollstes Verständ-nis. Natürlich gäbe es im Haus einiges zu tun. Doch ist da der altbekannte Börsenaus-druck - Tendenz lustlos -. Vorne zum Fenster hinausschauen - dann auch hinten. Tote Ho-se - wie die Jugend heute sagt. Ein Blick auf die Uhr. Leider noch einige Stunden bis zu den Abendsendungen.

Dann ist endlich der Abend da und mit dem Abend die Vorfreude auf den morgigen Montag. Dann kommt die Post, dann kommt die Zeitung. Es kommt der Eiermann und der Wagen mit dem frischen Brot aus der Eifel. Ein Familienmitglied schaut herein oder ruft an. Auf den Straßen pulsiert das Leben und schwabbt auch ein wenig zu mir herein. - Ach wie freue ich mich auf den Montag!

Doch es gab eine Zeit, da freute ich mich schon am Freitagnachmittag auf das Wo-chenende. Der Samstag brachte zwar noch einiges an Hausarbeit. Doch der Sonntag war wunderbar. Ein wenig länger schlafen, herr-lich frühstücken. Ein wenig planen, wie sich der Tagesablauf gestalten sollte. Ein Ausflug, ein Spaziergang oder eine Fahrt ins Grüne. Plaudern mit der Familie, lesen, Musik hören und faulenzen. Und nur nicht auf die Uhr schauen. Dann der gemütliche Abend und ein Erschrecken, dass morgen schon wieder Montag ist!

Zweimal Sonntag - doch welch ein Unter-schied, zweimal Sonntag - aber mit zwei verschiedenen Gesichtern.
Marianne Sattler


Monolog für Alleinstehende

Ruf mich doch an!
Zwo Zwo Acht Eins Null Neun.
So gegen sieben, wenn es dämmert.
Man fühlt sich dann so schrecklich übriggeblieben
Und ziemlich belämmert
Mit seinem einsamen Whisky
Und der matten gelben Rose
Im schwedischen Glas
Und dem Abendrefrain:
Wozu? Wozu.
Nach wieder einmal eines Tages Mühen.
Das kann einem schon auf die Nerven gehn.
Ich werde doch endlich das Gas aufdrehen.
Und Dir einen ordentlichen Kaffee brühen.

Was dachtest denn Du?
Mascha Kaléko
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