Freundeskreis Wiehl/Jokneam: Begegnungsreise 2015

(29. Oktober 2015) Da die Reise aus politischen Gründen im letzten Jahr verschoben werden musste – der Gazakrieg ließ eine Reise in den Nahen Osten nicht zu – reiste nach 5 Jahren wieder eine Gruppe von 23 Personen unter Leitung von Gerhard und Iris Hermann in die Partnerstadt Yoqne’am/Israel. Darunter 12 Personen, die zum ersten Mal in die Partnerstadt fuhren.
Es gab natürlich im Vorfeld Fragen: Kann man jetzt nach Israel reisen, ist die Situation nicht zu unruhig. Familien und Bekannte der Reiseteilnehmer waren besorgt. Aber die Gruppe fühlte sich im Land sicher, wenngleich die Spannungen durch Nachrichten und Fernsehen in den Familien spürbar waren. Die gehäufte Anzahl von Messerattacken an verschiedenen Orten im Lande gab Anlass zu großer Sorge. Sicherheitskräfte - dazu zählten auch Familienangehörige unserer Gastfamilien - wurden in großer Zahl eingezogen und an neuralgischen Punkten eingesetzt. Sie kontrollierten Fahrzeuge und Plätze.

Bürgermeister Alfasi und auch die Familien waren stolz auf die Gruppe aus Wiehl, dass sie – gerade in der schwierigen Zeit – gekommen und geblieben ist.

Gerhard Hermann überbrachte die Grüße von Rat und Verwaltung der Stadt Wiehl – besonders den Gruß des scheidenden Bürgermeisters, Werner Becker-Blonigen.

Auch wenn die Freundschaft bereits 43 Jahre alt ist, so ist sie doch jung, lebendig und dynamisch geblieben. Dabei ist es von großem Vorteil, dass die Hauptakteure sich seit Jahrzehnten kennen und sich aufeinander verlassen können. Bei einem Empfang im Rathaus drückte Bürgermeister Simon Alfasi es sehr deutlich aus, dass bei 7 Partnerschaften, die Yoqne’am unterhält, die Partnerschaft mit Wiehl die wichtigste ist, denn hier geht es um den Kontakt zwischen den Menschen. Freundschaften haben sich über die Jahrzehnte hinweg entwickelt und so können auch wieder neue Beziehungen entstehen. Bei seinem Empfang erläuterte er die Entwicklung der Stadt, in der viele High-Tech-Unternehmen angesiedelt sind und die von 6000 Einwohnern im Jahr 1980 auf 25.000 Einwohnern angewachsen ist. Der Zuzug hält weiter an. Dies ist an den zahlreichen Baumaßnahmen zu sehen. Neue Wohnviertel mit der dazugehörigen Infrastruktur entstehen.

Dazu ist zu sagen, dass im ganzen Land gebaut wird: Straßen, Autobahnen und Brücken, neue Siedlungen, Dörfer und Industriegebiete. Es ist ein Land im ständigen Umbruch. Und dabei fasziniert immer wieder, wie Altes mit Neuem verbunden wird, eindrücklich zu beobachten in Tel-Aviv am Stadtteil Sarona, ehemals eine deutsche Templer-Kolonie in Israel. Sie wurde zum Szene-Viertel mit Restaurants Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, für Erwachsene und Kinder. Hier kann man besonders den Abend genießen, so wie wir den letzten Abend vor unserer Abreise.

Was war das Besondere an der Reise? Ein Teilnehmer drückte es für sich sehr persönlich aus: er wusste seit seiner Kindheit schon, dass das Tote Meer trägt und man darauf liegen kann – glauben konnte er es nicht. Jetzt hat er es erleben können. Und so war es für ihn mit Israel insgesamt: er wusste von der Bedrohung dieses Landes und von der Enge, von der Mauer und den Schwierigkeiten, aber hier konnte er es selbst fühlen und erleben. Das war für ihn sehr eindrücklich! Und diese Erfahrung galt nicht nur für ihn, denn wer dieses Land besucht, der kehrt anders zurück als er gekommen ist.

Bedingt durch die Anschläge wurde das Programm geändert. Ostjerusalem und damit der arabische Teil des Bazars sowie der Ölberg wurden nicht besucht; dafür gab es aber genügend andere Möglichkeiten, Jerusalem kennenzulernen. Jerusalem war trotzdem ein Highlight. Die Altstadt bietet mit dem christlichen, aramäischen und jüdischen Viertel eine Vielzahl von Sehenswertem.

Vor allem der Besuch in Yad Vashem mit einer sachkundigen Führung war für viele sehr eindrücklich und wird auch nachhaltig bleiben. Und im „Tal der Gemeinden“ (hebr: בקעת הקהילות, Bik'at haKehilot) hielten alle Ausschau nach bekannten Orten, in denen es jüdische Gemeinden gab. Auf einer Fläche von etwa einem Hektar wird auf 107 Steinwänden der über 5000 jüdischen Gemeinden, die während der Shoa ganz oder teilweise vernichtet wurden, gedacht.

Im Verlauf unseres Programms besuchten wir auch Lohame Hagetaot, das Museum der Warschauer Ghettokämpfer in der Nähe von Akko.

Der Besuch des von Stef Wertheimer gegründeten Start-up-Ortes Tefen zeigte, dass die Schaffung von Wohnraum und Arbeit für alle Menschen wichtig und damit zur Bewältigung der Probleme und wirtschaftlichen Entwicklung unabdingbar sind. Dies hat Wertheimer geschaffen. Bei Stef Wertheimer arbeiten Juden, Muslime und Christen zusammen – und es geht! Der Industriepark Tefen ist weit über Israel hinaus bekannt und auch in der Türkei wurde solch ein Industriepark gegründet.

Immer wieder wurde uns gezeigt, dass arabische und jüdische Siedlungen bzw. Dörfer nebeneinander liegen, ohne Probleme miteinander zu haben. Es gibt aber auch Dörfer, in denen es zu Konflikten kommt.

Typische arabische Städte wie Nazareth und Kana wurden besucht, aber auch Akko, die alte Kreuzfahrerstadt sowie Haifa, eine moderne Stadt, in der sehr viel gebaut wird. Massada, Qumran, Totes Meer, der See Genezareth mit einer Bootsfahrt und Besuch der heiligen Stätten waren Teil des umfangreichen Programms.

Was unvergesslich bleiben wird, ist auf jeden Fall die unbeschreibliche Gastfreundschaft, die kaum erwidert werden kann. So gab es neben dem offiziellen Programm abends noch Einladungen und es wurde gefeiert. Und dass bei aller Anspannung gefeiert werden kann, davon konnte sich die Gruppe gleich am ersten Abend ein Bild machen beim Fest Simchat Thora. Aber auch am Abschlussabend herrschte gute Stimmung.

So konnten wir zum Abschluss nur Danke sagen und einladen für das nächste Jahr. Dabei habe ich am Abschiedsabend deutlich zum Ausdruck gebracht: „Wir fühlen mit den Bürgern in Israel mit und können gut nachvollziehen, dass die Sicherheit für alle im Land oberstes Gebot ist. Wir sind einer anderen Lage als ihr hier in Yoqne'am, denn wir können am Sonntag nach Hause fliegen. Aber seid sicher, keiner von der Gruppe wird so nach Hause gehen wie er gekommen ist. Wir werden als Botschafter für dieses Land nach Hause gehen und deutlich machen, dass unsere Freunde hier Frieden und Sicherheit brauchen, so dass Gegenwart und Zukunft besonders für die Kinder gesichert sind.“

Simon Alfasi dankte der Gruppe, die in einer sehr schwierigen Zeit zu Gast war und machte deutlich, dass alles getan werden muss, um Stabilität im Land zu erreichen. Bürgermeister aus arabischen und jüdischen Städten kommen daher zusammen, um gemeinsam zu beraten. Er dankte besonders denen, die verantwortlich waren und nannte Gerhard und Iris Hermann persönlich, die seit mehr als 30 Jahren für die Partnerschaft einstehen, sowie Shalom Kazir und seine Frau Ronit.

Es war eine wichtige und erlebnisreiche Zeit, nicht nur für die, die zum ersten Mal dieses Land und die Leute erleben konnten. Auch für jeden, der dieses Land erneut kennenlernen konnte.

Bestehende Kontakte wurden vertieft, neue wurden geknüpft, so dass sich alle auf ein Wiedersehen in Wiehl im nächsten Jahr freuen. Dies wird ein besonderes Erlebnis, denn es heißt dann: 25 Jahre Partnerschaft zu feiern!

Gerhard Hermann

Eine Bilderserie finden Sie hier...