Wenn Trauer schutzlos macht

(16. März 2016) Birgit Schneider ist neue Leiterin des TrauerZentrumsOberberg der Malteser in Wiehl. Dessen Türen will sie öffnen und die Trauer ins Gespräch bringen.
Birgit SchneiderBirgit Schneider „Wer trauert, reagiert vollkommen normal“, sagt Birgit Schneider, seit Februar 2016 Leiterin des „TrauerZentrumsOberberg“ (TZO) der Malteser in Wiehl. Denn die Trauer sei eine lebensnotwenige Reaktion der Seele auf einen erlittenen Verlust. Doch nur drei Viertel aller trauernden Menschen erhielten in ihrem Umfeld eine angemessene Hilfe, ist die Erfahrung der ausgebildeten Krankenschwester und Trauerbegleiterin aus Olpe. Eine Unterstützung und Begleitung bietet daher seit drei Jahren das TZO den Trauernden in der Region an. Wer einen nahestehenden Menschen durch den Tod verloren hat, findet hier ausgebildete Trauerbegleiter, die unter anderem Gruppen- und Einzelgespräche sowie Treffen und Austausch mit anderen Trauernden anbieten.

„Jeder Mensch durchlebt zahlreiche Trauererfahrungen“, sagt Birgit Schneider. Ob beim Tod des Partners, bei der Scheidung der Eltern, beim Verlust der Heimat und des Arbeitsplatzes oder beim Wegzug der besten Freundin: „Menschen erleben bei der Trauer tiefe und ehrliche Gefühle, die einerseits schmerzen, andererseits aber auch wertvolle Hinweise darauf geben, was einem im Leben wichtig und wertvoll ist.“ Die Arbeit des Trauerzentrums will sie daher verstärkt öffentlich machen – und damit auch die Trauer aus der Tabu-Ecke holen und ins Gespräch bringen. Die neue Leiterin möchte gerne in Schulen, Kirchengemeinden, Kindergärten und anderen Gruppen über den Umgang mit Trauer referieren und die Türen des Trauerzentrums an der Wiehler Hauptstraße bei Festen und Veranstaltungen für interessierte Besucher öffnen.

Die Ruhe suchen und sich zurückzuziehen, das helfe ihr selbst bei der Trauer, erzählt Birgit Schneider. „Ebenso helfen mir das Zulassen meiner Gefühle und das Wissen, dass ich Menschen um mich habe, die mich halten und verstehen.“ Brüche und Verluste kenne sie aus ihrem eigenen Leben: „Ich habe vom Germanistik-Studium in den Pflegeberuf gewechselt, mich zwischendurch zur Fitnesstrainerin ausbilden lassen, eine Trennung erlebt und bin von meiner Heimat Bayern erst nach Baden-Württemberg und anschließend ins sauerländische Olpe gezogen.“ Vor ihrem Dienstbeginn im TZO in Wiehl war die 50-Jährige unter anderem als Coach und Referentin selbständig tätig, sie hat im Kinderhospiz Balthasar in Olpe und in dessen Kindertrauerzentrum Thalita gearbeitet sowie ein Trauercafé in Olpe gegründet.

„Unserer Gesellschaft sind in den vergangenen Jahrzehnten die Rituale für den Umgang mit der Trauer abhandengekommen“, meint Birgit Schneider. Dass das einjährige Tragen von schwarzer Kleidung nicht mehr üblich sei, erlebten zwar viele Menschen als Befreiung, andere wiederum jedoch als fehlenden Schutz. Denn das getragene Schwarz habe anderen Menschen signalisiert: „Achtung, hier trauert jemand, mit dem solltest du anders umgehen.“ Die Individualisierung des Lebens sei daher für viele ein Segen, für die anderen führe sie jedoch eine Haltlosigkeit auch beim Umgang mit der Trauer mit sich: „Keine Grenzen zu haben, bedeutet nämlich ebenso, keinen geschützten Raum zu besitzen.“

Diesen Raum will das Trauerzentrum der Malteser darum den Menschen, die einen Freund oder Angehörigen verloren haben, anbieten – und ihnen helfen, die Trauer auszuhalten, sie anzuschauen und ins eigene Leben zu integrieren. „Wir möchten, dass die Menschen wieder nach vorne blicken und neues Vertrauen in das Leben fassen können“, sagt Birgit Schneider.

Die Dienste des TrauerZentrumsOberberg (TZO) sind für Betroffene kostenfrei. Das TZO wird von den Maltesern und dem Verein „Freunde und Förderer der Hospizarbeit in Wiehl“ finanziert.

Kontakt und weitere Informationen: Michael Adomaitis (0170 6390123)
www.hospizarbeit-wiehl.de
www.facebook.com/hospizarbeitwiehloberberg