
Nein, so habe ich das nicht empfunden, und so haben wohl auch die meisten Franzosen, Deutsche, Portugiesen und Engländer es nicht gesehen. Als am Samstagabend, 15. Mai, die Europahymne erklang, "Freude, schöner Götterfunken"... strahlten die Gesichter.
Wer nun meint, das lange angekündigte Wochenende in Hem sei vorrangig eine politische Demonstration europäischer Einigkeit gewesen, irrt sich und kennt die Familienfeste der Partnerschaftsstädte nicht.

Am nächsten Morgen trafen sich die "Elus" - die gewählten Ratsvertreter und die, die wir dazu auserkoren hatten - zu einer Ratssitzung der vier anwesenden Städte. Bis auf die Begründung, warum die Türkei nicht in die EU gehöre, herrschte weitgehend Einigkeit unter den "Elus", die hier und da ihre mündlichen Beiträge leisteten. Nachdenklichkeit und Zustimmung kamen auf, als die Vorsitzende des Wiehler Partnerschaftsvereins darauf hinwies, dass die Diskussion über Vor- und Nachteile eines vereinten Europas nicht dazu führen dürfe, das eigentliche, jetzt schon erreichte Ziel aus den Augen zu verlieren: Frieden in Europa, nie wieder Krieg unter den Europäern. Erst das Erreichte - nach Jahrhunderten sinnlosen Tötens endlich ein sicherer Friede - mache es überhaupt möglich, über Vor- und Nachteile diskutieren zu können.

Dann begann abends der Höhepunkt eines jeden Familienfestes zwischen hier und drüben:
Im festlich geschmückten Saal redeten Franzosen, Deutsche, Engländer und Portugiesen fröhlich, aber lautstark auf einander ein, so dass die kurzen Reden, die die Bürgermeister zu halten pflegen, wieder einmal überflüssig gewesen wären. Meine ich, obwohl ich auch zu den Leidtragenden gehörte, denen keiner zuhörte. Was solls? Das Essen und die Getränke waren hervorragend, die Bedienung aufmerksam, die Musik laut und mitreißend. Alles das führte dann zu dem herrlichen Durcheinander auf der Tanzfläche, an den Tischen und wo man sich auch immer traf. Manch altes Herz wurde wieder jung, trotz Musik, die eigentlich von vielen unter uns als "Lärm empfunden, da sie mit Geräusch verbunden".

Müde, aber zufrieden trotz dieser und jener Pannen, die nun einmal zu einem so riesigen Ereignis gehören, machten sich die Hem - Fahrer auf ihren Weg zurück in die Heimat. Im Stillen fragte sich dieser und jener, ob wir das Gebotene noch übertreffen können oder überhaupt wollen.
Marianne Stitz
Vive l’amitié! Es lebe die Freundschaft!




Die punktuelle „Chaotik der Zuteilung“ war umgekehrt proportional zur großartigen Herzlichkeit, mit der die 31 Wiehler Realschüler(innen) ins Familienleben der Hemer Freunde einbezogen wurden. Mit Händen, Füßen und z.T. sehr geringen Sprachkenntnissen kommunizierend, fanden sie sich plötzlich in einer für sie völlig neuen Situation wieder.
Alle profitierten, bewährten sich, waren begeistert. Hoffentlich vermitteln sie den Hemer Freunden bei deren nächster Visite in Wiehl die gleiche „atmosphère chaleureuse“ wie sie sie in den frz. Familien erlebten. Der nächste Austausch mit Schüler vom Hemer Collége St. Paul kommt bestimmt. A bientôt!

Nur wenige Wiehler Jugendliche konnten schließlich das Angebot zum Bowlingspiel am Freitag wahrnehmen. Sei’s drum. Das leben in den frz. Familien war sowieso noch spannender.
Eckhard Pfiffer
Bilderserie
Fotos: Günther Melzer