Foto: Vera Marzinski
Die Kabarettistin möchte sich auch gar nicht mehr über Politik aufregen. „Wir reden nicht über Politik! Versprochen!“ Nun ja, wie sollte das gehen als Souffleuse von Angela Merkel? Das wollte das Bielsteiner Publikum auch gar nicht, denn Solga macht politisches Kabarett wie man es sich wünscht: erfindungsreich, frisch, kompromisslos und bissig. Und so findet sie: „Die Merkel ist wie der Mauerschwamm – die krallt sich ans Kanzleramt und keiner kriegt sie aus der Bausubstanz“ oder auch „Die Merkel sitzt wie ein Stöpsel auf dem Abfluss“. In ihrer Rolle als „Kanzlersouffleuse“ analysiert Simone Solga in atemberaubenden Tempo die aktuellen, gesellschaftspolitischen Themen und gewährt amüsante Einblicke in die vermeintlichen Interna des politischen Personals. Sie widmet sich der möglichen neuen GroKo oder auch der Flüchtlingsfrage. Alles mit entwaffnender Direktheit. Zwischendurch immer wieder mal ein Lied von ihr. Mit ihrer wunderbaren Gesangsstimme präsentierte Titel wie „Vorbei“ oder „Human“, bei dem sie fragt, was an der Jugend so toll sei und auch ohne Hormonspritzentherapie fühle sie sich schön wie nie. Heute hieße auf der Couch rumhängen „hygge“, was nicht zu verwechseln sei mit „chillen“ – das sei erholen vom Nichtstun. Diese neumodischen Bezeichnungen widmete sie sich ebenso wie den überberhüteten Kindern. Oder auch dem beliebtesten Fortbewegungsmittel beim ADAC: der Treppenlift. Daraus folgert sie, dass das bevorzugteste Reiseziel der erste Stock sei. Das Reiseziel für den Briefumschlag, den sie einem Gast zum Einwerfen mitgab, ist das Bundeskanzleramt. Im Umschlag: ihre Kündigung und die kleinen Zettel der Bielsteiner Zuschauer. Auf denen sollten sie in der Pause ihre Verbesserungsvorschläge und Wünsche an Frau Merkel schreiben, denn „dann werden diese ans Kanzleramt geheftet wie die 95 Thesen von Luther“. Sie finde nach der Kündigung auch sicher wieder einen anderen Job. „Ich mach den Koch oder den Pofalla, irgendwas in der Wirtschaft oder einen türkischen Erdgaskonzern – ich werde mich ganz nach oben schrödern!“. Auf den Mund gefallen ist sie nicht und ihre Programme immer bissig – so wie das aktuelle „Das gibt Ärger“. Immer mit Blick auf die Tagesneuheiten in Gesellschaft und Politik. Und das macht sie schon eine ganze Weile: Im Mai 1990 war sie die erste Ostdeutsche Kabarettistin bei Hildebrandts „Scheibenwischer“ und folgte, mangels weiblicher Einsatzkräfte an der „Münchner Lach -& Schießgesellschaft“, 1995 dem Ruf an die Isarmetropole. Simone Solga ist Kabarettistin durch und durch, vielfach preisgekrönt – gerade erhielt sie den Deutschen Kleinkunstpreis für die Sparte Kabarett im Mainzer Unterhaus - und auch TV-bekannt. Allerdings betont sie, dass sie wie in Bielstein lieber „frei Schnauze“ erzählt, als sich von Fernsehredakteuren ihre Texte entschärfen zu lassen. Und wenn alles so weiterläuft, wird Simone Solga mit Angela Merkel wohl 2029 in Rente gehen – und vorher bestimmt noch mal im Burghaus Bielstein vorbeischauen.
Vera Marzinski
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