
Als passionierte Schwimmerin deklamiert sie ganz am Ende des Programms im Badeanzug Mario-Barth-Zeilen. Das Ganze im Hinblick auf das Thema „Mittelmäßigkeit“ und zeitgemäße Lyrik – als Band eins mit dem Zyklus „Männer sind primitiv“. Etwas primitiv wirkt auch zunächst ihre Bühnenfigur Scarlett Schlötzmann. Die hinterlässt allerdings nur anfangs einen unterbelichteten Eindruck. Anhand von Tagebucheinträgen und Briefwechseln aus unterschiedlichen Lebensjahren erschafft Prayon das tragikomische Porträt einer geschundenen und unerschrockenen Frau – und schwenkt damit über zu einer feministischen Bestandsaufnahme. Nach 100 Jahren Frauenwahlrecht könne man ja hinter die Emanzipation einen Haken setzen, so Prayon. Scarlett Schlötzmann ist eigentlich ganz clever, denn sie weiß, was einen Bestseller ausmacht. In ihrem Frauenroman schreibt sie über Gitta, Conny und Lulu, die ein gemeinsames Problem haben: Männer. Mit Mittelmaß und vielen Klischees könne dies nur ein Bestseller werden – was die Buchverlage nicht so sehen. Sehr witzig der Schriftverkehr, den sie dem Publikum vorliest, der aus deren Absage entsteht.
Im November wurde Christine Prayon mit dem "Eddi" ausgezeichnet. Nach dem Deutschen Kleinkunstpreis der Stadt Mainz ist er der zweitälteste Kabarettpreis der Bundesrepublik Deutschland. Und die Begründung „Sie hat keine Angst, unbequem zu sein und kämpft mit ihren Figuren gegen Vorurteile und Klischees. Dafür hat sie diesen Preis mehr als verdient", konnte das Bielsteiner Publikum nur bestätigen.
Vera Marzinski
Fotos: Vera Marzinski