Jokneam ist eine anziehende Stadt, so dass viele Familien aus Haifa, Tel Aviv und anderen Städten dorthin ziehen. Jokneams Industrie ist ein Modell für das ganze Land, dabei geht es hier um umweltfreundliche Firmen in den Bereichen High-Tech, Biotechnologie, Kommunikation, Media, Nahrungsindustrie und Elektronik. Der Umsatz beträgt 1 Mrd. US $. In den nächsten Jahren ist ein weiterer Industriepark mit 10.000 Arbeitsplätzen geplant.
Der Besucher aus dem Oberbergischen hatte schon den Eindruck, dass man gerade in den Bereichen Erziehung und Arbeitsmarktpolitik einiges lernen könnte. Aber nicht nur Jokneam konnten die Teilnehmer der Gruppe, die aus Wiehl und Umgebung kamen, kennenlernen. Sie folgten den Spuren der Geschichte von Metulla im Nordosten und Rosh Hanikra im Nordwesten bis Be'er Sheva, der Wüstenstadt im Negev und zum Toten Meer.
Ein besonderes Augenmerk und ein Höhepunkt der Reise war Jerusalem mit dem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Grauen und Schrecken der Vergangenheit wurden hier sehr deutlich in der umgestalteten und erweiterten Holocaust-Gedenkstätte. Hier kann man sich nicht entziehen, der Besucher wird eindringlich mit der Geschichte konfrontiert. Dafür steht ein Satz aus dem letzten Raum der neuen Halle: "Und wenn der ganze Himmel Papier wäre und die Erde Tinte, es wäre nicht genug, um alles Schreckliche um mich herum aufzuschreiben".Es war eine Zeit, die geprägt war von der Gastfreundschaft der Partnerstadt und der Gastfamilien. Bedingt durch die politische Situation infolge der zweiten Intifada war es seit 7 Jahren die erste Gruppe, die wieder nach Jokneam reiste. Und so konnten die Teilnehmer, die schon häufiger im Land waren, die Veränderungen überall wahrnehmen, am extremsten in Jokneam selbst. Ob im Straßenbau oder im Bau neuer Stadtviertel, Büchereien, Schulzentren oder Parks zeigten deutlich die Weiterentwicklung dieser Stadt, die mittlerweile 21.000 Einwohner zählt, davon 40 % im Alter bis 18 Jahre und weitere 40 % bis 40 Jahre alt. Gerhard Hermann und Bürgermeister Simon Alfasi Nirgendwo anders auf der Welt ist das Nebeneinander der Religionen wohl deutlicher zu spüren als hier. Moscheen und Kirchen stehen direkt nebeneinander. Drei Nächte wohnte die Gruppe in der Nähe von Jerusalem im Friedensdorf Newe Shalom - Wahat al Salam, wo Juden, Moslems und Christen, Israelis und Palästinenser zusammen leben und eine Schule betreiben. In einem abendlichen Gespräch mit einer christlichen Palästinenserin wurde das Dorf vorgestellt und über die Einrichtung sowie die politische Situation im Nahen Osten diskutiert. Dabei machte sie sehr deutlich, dass es einfach ist, jeweils die andere Seite zu beschuldigen. Aber dies kann nicht zu einem guten Zusammenleben führen. Stattdessen hat es sich die Organisation zur Aufgabe gemacht, den einzelnen Menschen wahrzunehmen und zu sehen, was jeder zu einem guten Miteinander beitragen kann. Erziehung und Unterricht der Kinder geschehen in zwei Sprachen. Sie lernen, sich zu achten und schließen Freundschaften miteinander. Dabei wurde Newe Shalom vom Staat und auch von der Umgebung nicht immer positiv unterstützt.
Insgesamt war die Gruppe mit ihrem arabischen Busfahrer und israelischen Reiseführer über 2.500 km im Land unterwegs. Auf Schritt und Tritt wurden die Gegensätze deutlich: einerseits blühende Landschaften, Besuche der biblischen Stätten am See Genezareth, andererseits gibt es nicht einfach die Möglichkeit, mit dem israelischen Bus Jericho, Bethlehem und andere Plätze zu besuchen, was vor einigen Jahren möglich war. Auch die Mauer, die die israelische Regierung zur Sicherheit gebaut hat, war in Jerusalem und anderen Orten unübersehbar. In Erinnerung an die Berliner Mauer gibt es starke Bedenken, ob das die richtige Lösung sein kann für diese immer wieder bedrohte Region. Die Selbstmordattentate haben sich zwar verringert, aber die Raketen werden weiterentwickelt. Einfache Lösungen gibt es nicht. Und jäh war die Gruppe in der Wirklichkeit angelangt, als am 17.04.06 ein Selbstmord-Attentat in Tel Aviv verübt wurde. Kann man da unbeschwert zur Tagesordnung übergehen? Viele waren vor der Reise gefragt worden, ob sie keine Angst hätten, nach Israel zu reisen. Israel muss ständig mit der Bedrohung leben.
Es waren die vielen kleinen und unerwarteten Begegnungen und Gespräche am Rande, die diese Reise mitprägten. Da traf man eine Gruppe von UN-Soldaten aus Indien, die im Golan ihren Dienst tun und sich über ein Gespräch freuten; eine junge arabische Frau im Dorf Faradeis, unweit von Jokneam, die Projekte mit Gruppen aus ihrem arabischen Dorf und Jugendlichen aus einem israelischen Ort durchführt; den Leiter eines Kibbuzrestaurants, der positiv über seine Zusammenarbeit mit seinem israelischen Manager sprach. Insgesamt fand man offene Menschen, die gerne zum Gespräch bereit waren. Die Gruppe konnte das Ende des Pessachfestes mit "Maimona", einem marokkanischen Brauch, im neuen Park von Jokneam miterleben. Am letzten Tag stand dann noch traditionell die Anpflanzung von Bäumen auf dem Programm. Bei der Abschiedsfeier brachte der Bürgermeister Simon Alfasi es zum Ausdruck, dass Frieden für die ganze Region von besonderer Wichtigkeit ist, und er hofft, dass die neue Regierung den eingeschlagenen Weg weitergeht und eine der nächsten Gruppen das Land im Frieden besuchen kann. Gerhard Hermann, der Vorsitzende des Freundeskreises Wiehl/Jokneam dankte dem Bürgermeister und den Verantwortlichen der Verwaltung, vor allem Shalom Kazir und Hanania Aseraf, die sich für die Durchführung eingesetzt haben, aber vor allem auch allen Gastfamilien, die Häuser und Herzen geöffnet haben. Gerade in Krisenzeiten, so wurde deutlich, ist es wichtig, dass die Menschen zueinander stehen.
Am letzten Tag stand dann noch traditionell die Anpflanzung von Bäumen auf dem Programm. So kam die Gruppe mit vielen guten Erlebnissen zurück. Bestehende Kontakte sollten aufgefrischt und Unsicherheiten überwunden werden. Eine weitere Einladung für den Bürgermeister aus Wiehl und den Vertreter des Freundeskreises steht bereits an, denn Jokneam wird in diesem Jahr die Stadtrechte erhalten, was gebührend gefeiert werden soll.
Gerhard Hermann
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Fotos: Gerhard Hermann