Gedenkfeier im Wiehler Gymnasium anlässlich des 100. Geburtstages Dietrich Bonhoeffers

(6. Februar 2006) Unter dem Titel: "Bonhoeffer bewegt" hatte das Wiehler Gymnasium gleichen Namens zu einer Feierstunde in die Aula eingeladen.
"Wer ich auch bin, du kennst mich, dein bin ich, o Gott"

Es war überraschend, dass ca. 500 Personen der Einladung gefolgt waren und die Aula bis auf den letzten Platz besetzten. Schüler von Klasse fünf bis zur Oberstufe würdigten auf unterschiedliche, oftmals sehr bewegende Weise den Theologen und den Widerstandskämpfer Bonhoeffer, der vor 60 Jahren von den Nazis ermordet wurde und dessen Namen ihre Schule seit 37 Jahren trägt.

Oberstudiendirektor Dieter KlaasOberstudiendirektor Dieter Klaas Wer war Dietrich-Bonhoeffer?

Dietrich Bonhoeffer wurde am 4. Februar 1906 als sechstes von acht Kindern in Breslau geboren. Sein Vater war ein renommierter Psychiater und Neurologe. 1923 entschied sich Bonhoeffer zum Studium der Theologie.

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 1933 bedeutete auch für Bonhoeffer einen tiefen Einschnitt. Er wurde zum entschiedenen und unerschrockenen Gegner des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Der staatliche Terror gegen die jüdische Bevölkerung rief ihn als einen der ersten Kirchenmänner auf den Plan. Seiner Meinung nach entbehre die "NS-Judenpolitik jeglicher Legitimität". Er hielt es für die Pflicht der Kirche, den Opfern zu helfen.

Bonhoeffer war der Überzeugung, dass nicht die Reinheit des eigenen Gewissens, sondern die konkrete Verantwortung für das Leben und die Zukunft anderer Menschen der Leitgedanke christlicher Ethik sei. Der bekennende Christ und Menschenrechtler Bonhoeffer, der Hitler einen Antichristen nannte, wurde zum aktiven Verschwörer, der sich an den Vorbereitungen zum Umsturz beteiligte. Der "Tyrannenmord und der Verstoß gegen das göttliche Gebot einerseits, die Befreiung Deutschlands und der Welt andererseits, stürzten Bonhoeffer in tiefe Gewissenskonflikte".

Herbert Heidtmann Herbert Heidtmann Herbert Heidtmann, Schulleiter zur Zeit der Gründung des Gymnasiums, verwies in seiner Ansprache auf die Namensfindung für die neue Schule vor 37 Jahren. "Es sollte ein Name sein, der der Schule helfen sollte, eine prägende Kraft im Leben der Stadt zu werden". Die Identifikation mit der Person Bonhoeffers habe der Schule ein eigenes Profil verliehen und sei über die Jahre hinweg als Auftrag und Mahnung verstanden worden.

Für ihn sei es Rückhalt und Unterstützung gewesen, dass der Rat der Stadt Wiehl diesem Namensvorschlag mehrheitlich zugestimmt habe.

Bürgermeister Werner Becker-Blonigen stellte in seiner viel beachteten Gedenkrede die Frage nach Inhalten und Zielen unseres tuns und zitierte dabei Herbert Heidtmann: "Schule ist mehr als Unterricht. Es gilt, den jungen Menschen in seiner Individualität zu fördern, Angst vor der Schule zu nehmen. Der junge Mensch ist und bleibt die Mitte von Bildung und Erziehung."

Was macht Bonhoeffer so besonders? fragte der Bürgermeister. Die Tatsache, dass er sich nicht hat beugen lassen. Jeder von uns sollte sich fragen: "Wärst du zu vergleichbarem Mut imstande gewesen? Bist du eigentlich bei den wesentlich kleineren Entscheidungen wenigstens entfernt so mutig?"

Bürgermeister Werner Becker-Blonigen Bürgermeister Werner Becker-Blonigen Bonhoeffers Beispiel heißt: es geht um Inhalt von Freiheit, Verantwortung, um Haltung und gelebten Mut. In einem Vergleich mit der Aktualität verwies Becker-Blonigen auf 60 Jahre Demokratie in Deutschland, in der der Widerstandsgeist gepflegt wird.

"Tabuisierung kann kein Mittel der geistigen Auseinandersetzung sein. Die Grenzen der politischen Auseinandersetzung muss das Ergebnis von Güterabwägung sein, nicht von einseitiger Diktion."

Abschließend fragte der Bürgermeister: "Wie hätte Bonhoeffer die Diskussion in Europa und in Teilen der Welt, in der das freie Wort noch geführt werden darf, begleitet? Eines ist sicher: Für Bonhoeffer hätte der Grundsatz der Unteilbarkeit der Menschenrechte gegolten: Für Frauen, Männer, für Menschen aus allen Teilen der Welt, für Religiöse und Nichtreligiöse, für Junge, Alte, für Starke und Schwache, für Arme und Reiche, für Gesunde und Kranke."

"Wenn uns im Moment alles zu viel sein sollte und die Bedrückung über die Entwicklung der Welt die Sprache verschlägt, diese Unteilbarkeit der Menschenrechte sollte das mindeste sein, was wir uns zum 100. Geburtstag Dietrich-Bonhoeffers hoffen und uns merken sollten," meinte Werner Becker-Blonigen.

Damit schloss der Wiehler Bürgermeister seine Rede zum Gedenken des Mannes, der auch noch nach Jahrzehnten das Vorbild und Gewissen für die Stadt Wiehl, die Bürger Wiehls und vor allem für das Gymnasium darstellt.

Schüler fast aller Jahrgangsstufen des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums veranschaulichten dokumentarisch mit musikalischen Beiträgen, Lesungen, Bildprojekten, Texten und vor allem Rezitationen aus Briefen zwischen Dietrich Bonhoeffer und seiner Verlobten Maria von Wedemeyer, Leben und Werk des von den Nazis ermordeten Theologen.

Dem Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium-Wiehl, den Schülern, der Schulleitung, Lehrern und allen anderen Beteiligten gebührt Dank für diese beeindruckende, niveauvolle Gedenkfeier zum 100. Geburtstag ihres Namensgebers.

"Wer bin ich? Der oder jener? Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling? Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer, das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg? Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott. Wer ich auch bin, du kennst mich, dein bin ich, o Gott" (Dietrich-Bonhoeffer)

Marianne Stitz

Bilderserie

  • Dietrich Bonhoeffer - Gedenkfeier im Wiehler Gymnasium
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