Bürgermeister Werner Becker-Blonigen
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt Wiehl,sehr geehrte Damen und Herren,
die Einbringung des Haushaltsplanes 2014 wird erstmals als „Gemeinschaftswerk“ des Verwaltungsvorstandes präsentiert werden, einmal, um das neue Team vorzustellen und zum anderen, um zu betonen, dass der Haushalt von Ihnen beschlossen, aber auf vielen Schultern getragen und umgesetzt werden muss. Die Rahmenbedingungen eines Haushaltsplanes, der strukturell und bedingt durch Sonderumlagen stark defizitär ist, könnten kaum schwieriger und komplexer sein, als sie sich heute darstellen.
Die demografische Entwicklung unserer Stadt gewinnt an Dynamik, die Migration in unsere Stadt hält an und die sich ständig verändernden individuellen Anforderungsprofile an uns sind nur bedingt durch unsere statische Infrastruktur zu erfüllen. Aber hierauf müssen wir uns einstellen, weil sonst eine mangelnde Wahrnehmung von Realitäten im Standortwettbewerb der Gemeinden und der Region eintreten kann.
Den Wandel als Dauerzustand zu akzeptieren hat natürlich auch seinen Reiz. Er birgt nicht nur Risiken, sondern eröffnet auch große Chancen und alljährlich über 1.200 Bürgerinnen und Bürger willkommen heißen zu können, sollte dies verdeutlichen.
Gehandicapt werden wir durch die allgemeine Finanznot des Landes Nordrhein-Westfalen und eines erheblichen Teils seiner Großstädte sowie der strukturell stützungsbedürftigen Gemeinden im kreisangehörigen Raum. Hier tut das Land sehr viel und bindet seine Ressourcen in der Gemeindefinanzierung. Zugleich bietet es hohe Fördersätze für Investitionen der schwachen Kommunen. Da können wir, wenn wir den Eindruck gewinnen, dass eine Überkompensation stattfindet, wie bei der Einheitslastenabrechnung oder der Abschöpfungsumlage im Stärkungspaktgesetz, auf den Klageweg nicht verzichten. Wir müssen selber investitionsfähig bleiben, um unsere Infrastruktur zu erhalten. Jede Gemeinde muss lebensfähig sein und bleiben, egal wie sie strukturiert ist, aber Kompensation darf nicht zur Benachteiligung der gesundeten oder gesunden Gemeinden führen, die ohnehin gezwungen sein werden, ihre Steuerhebesätze mindestens auf das Niveau des vergleichbaren Durchschnitts ihrer jeweiligen Umgebung zu erhöhen. Wir werden hierzu klare Aussagen treffen, wahrscheinlich zum Haushalt 2015, sobald wir die finanzwirtschaftliche Entwicklung anhand der Ist-Zahlen besser diagnostizieren können.
Gleichwohl, und dies sei zur Ehrenrettung betont, bietet das Land Nordrhein-Westfalen zahlreiche allgemeine Investitionshilfen, z.B. im Städtebau, Verkehrsbau und der energetischen Sanierung an. Wir sollten dieses Angebot annehmen und uns um entsprechende Mittelzuweisungen bemühen.
Das Tempo der Veränderungen trifft besonders unsere in die Jahre gekommene bauliche Infrastruktur. Neben der Sanierung muss auch restrukturierender Neubau stehen. Dies bedingt bereits der sichtbarwerdende Generationenwechsel, der Altersaufbau unserer Gesellschaft, aber auch so wichtige Anliegen wie die Zielsetzung der Inklusion. Ganz abgesehen von dem gesellschaftlichen Wandel, der durch starke Individualisierung, kommunikative Vernetzung, völlig neue technische Errungenschaften, verändertes Freizeitverhalten und Lebensalltagsstrukturierung gekennzeichnet ist.
Der Wandel bezieht sich auch auf unsere Verwaltung, die sich in den nächsten 15 Jahren zu 50% verändert haben wird. Bei stark rückgehenden Jahrgangsstärken unserer Schulabsolventen wird es auch einer kleinen Stadtverwaltung nicht leicht gemacht, diese personelle Veränderung durch Ersatz von ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu bewerkstelligen. Erst recht ist Verantwortungsdelegation und Teamgeist neu zu entfachen, um einen Aufbruch in den sichtbaren Zeitenwandel zu gestalten.
Wie sich seine Sicht auf den Haushalt 2014 darstellt, wird jetzt von unserem ersten Beigeordneten Michael Schell dargestellt. Daran schließen sich die Ausführungen von unserem Beigeordneten Maik Adomeit an und letztendlich wird unserer Kämmerer Axel Brauer den finanzpolitischen Handlungsrahmen mit seiner aktuellen und mittelfristigen Haushaltsbetrachtung erläutern.
1. Beigeordneter Michael Schell
1. Beigeordneter Michael Schell Nach den allgemeinen Einführungsworten des Bürgermeisters ist es nun an mir den meinen Aufgabenbereich betreffenden Teil der Haushaltsrede zu bestreiten. Dazu möchte ich ganz kurz skizzieren, was meinen Aufgabenbereich ausmacht, bevor ich auf einzelne in 2014 anstehende Neuerungen und/oder den Haushalt prägenden laufenden Dinge eingehe.Dazu zwei Bilder und Vergleiche. Ich bin für die Werbung und die Software dessen zuständig, was die Stadt und Stadtverwaltung ausmacht. Oder anders: Wir haben in Wiehl sehr viele sehr gute Angebote. Leider ist die Verpackung oft sehr schlecht – dazu wird der Kollege Adomeit gleich bestimmt näheres ausführen. Ich bin dafür zuständig, dass Bürgerinnen und Bürger, Firmen und potentielle neue Firmen, potentielle Neubürgerinnen und Neubürger, Gäste, und viele mehr auf die Stadt Wiehl aufmerksam werden und einen ersten Blick wagen. Dafür, dass sie sich nach dem ersten Blick nicht gleich abwenden ist der Kollege zuständig. Dass dann der zweite Blick die große Bandbreite der Angebote erkennt und ebenso die Qualität dessen, was Wiehl ausmacht, dass ist dann wieder mein Beritt.
Also: In Wiehl – auch in Wiehl - ist nächstes Jahr Kommunal- und Europawahl. Neben der politischen Bedeutung dieser Wahlen ergibt sich durch die Kommunalwahl damit einhergehend auch eine besondere Herausforderung für die Verwaltung und vor allem den FB1. Denn gerade Kommunalwahlen sind es, die über das eigentliche Wahlgeschehen – welches es zu organisieren und durchzuführen gilt - weit hinaus eine Kommunalverwaltung beschäftigen. Im Haushalt 2014 sind hier 30.000 Euro eingestellt.
Die Umorganisation der Verwaltung ist erstaunlich gut und „geräuschlos“ gelaufen. Teams haben sich neu gefunden und das hat eine Menge an Innovation und neuen Ideen freigesetzt. Die Umorganisation zieht aber auch einen erhöhten Fortbildungsbedarf nach sich, der in 2013 bereits begonnen hat und dem wir in 2014 weiterhin nachkommen werden.
Der Personalbestand ist bereits in 2013 leicht aufgestockt worden und wird in 2014 weiter steigen. Gründe dafür sind unterschiedlich. Die Stadt Wiehl wird in 2014 zwei Ausbildungsplätze für den Bereich Verwaltungsfachangestellte/r anbieten sowie einen Ausbildungsplatz im Bereich Gärtner.
Bei den Hausmeistern hat sich gezeigt, dass der deutlich eingeschrumpfte Pool von Kollegen nicht ausreicht um die vielen Gebäude auch nur einigermaßen adäquat zu betreuen. Hier ist in 2013 bereits eine Aufstockung erfolgt.
Durch die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle Anfang 2014 wird nicht nur den stark gestiegenen Anforderungen an eine rechtlich korrekte Vergabe Rechnung getragen, sondern auch vor allem im FB Hoch-Tiefbau für eine Entlastung der Kolleginnen und Kollegen gesorgt. Es zeichnen sich sehr deutlich neue Bauprojekte – hier sei als ein Beispiel nur das IHK Wiehl genannt - ab, bestehende Projekte wie das IHK Bielstein und das Schulzentrum Bielstein sind weiter zu führen und durch Renovierungsstau stehen weitere Projekte an, die eine Entlastung an dieser Stelle dringend notwendig machen.
Mit der ZVS habe ich bereits neue Aufgaben angeschnitten, deren wir irgendwie Herr werden müssen. Neu ist auch die in 2014 in den Komplettbetrieb startende KiTa in Wülfringhausen, die entsprechenden Personalbedarf nach sich zieht wie neue und steigende Anforderungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung und des Kindschutzes.
Neu ist auch die Situation von nunmehr vier Schulen im Schulzentrum Bielstein. Durch die hinzu gekommene Sekundarschule ist es – zumindest bis auf weiteres - notwendig, die Personalsituation im gemeinsamen Schulsekretariat mit der BESTE zu verstärken.
Die Langzeitvakanz auf der Zentrale/Wiehlticket wurde bisher aus dem FB3 heraus aufgefangen und konnte endlich beendet werden. Eine alte aber über Jahre nicht ernsthaft wahrgenommene Aufgabe ist der Tourismus. Hier ist wieder eine Teilzeitstelle eingerichtet. Inhaltlich dazu gleich noch mehr. Letztlich wird es noch eine Teilzeit-Aufstockung in der inneren Verwaltung geben, die ebenfalls dem „so geht es einfach nicht weiter“ geschuldet ist und die zum Beispiel sich des Themas Allris/Ratsinfosystem annehmen wird.
Damit bin ich auch schon beim Thema Kommunikation. Die Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wiehl ist nicht schlecht. Gemessen an dem, was hier konzeptionell, personell und finanziell bereitgestellt wird, ist sie sogar überragend. Aber: nichts ist so gut, dass es nicht noch verbessert werden könnte. 5 plus X Projekte und Neuerungen stehen hier in 2014 an. Auf Grund auslaufender Verträge verbunden mit überalterter Technik wird die Telefonanlage erneuert. Dies allerdings noch in 2013.
Das Verfahren für das Ratsinfosystem wird verbessert, WLan in den Sitzungsräumen eingerichtet und personell deutlich besser betreut. So ist eine papierlose Ratsarbeit möglich, die Sinn macht und hoffentlich so gut funktioniert, dass auch die eher Papier-Affinen – zu denen ich letztlich auch noch gehöre - sich von dem Angebot der Technik überzeugen lassen. Denn hier schaffen wir nicht nur eine gute Information rund um das Sitzungsgeschehen, sondern ermöglichen eine deutlich verbesserte Kommunikation für die Fraktionen. Wir bleiben bei der Technik.
Die Bürgermelder-App wird in 2014 an den Start gehen. Ein weiterer Kanal für Bürgerinnen und Bürger Lob, Kritik und Hinweise an die Verwaltung zu geben. Die Stadt Wiehl wird mit der Wiehl-App an den Start und auf den Markt gehen, wird sich auf der Seite des Hausärzteverbandes präsentieren und auch nach weiteren Schritten suchen, Ärztenachwuchs für Wiehl zu begeistern und Kontakte zu Kollegen herzustellen, die sich eine Praxisaufgabe vorstellen können.
Über die Frage nach der öffentlichen Präsentation und Darstellung der Stadt komme ich zum Bereich des Tourismus. Hier ist ein Aufgabenfeld neu zu beschreiten und zu beschreiben. Daneben ist – auch hier - daran gedacht, die Willkommenskultur der Stadt voranzubringen.
Zu Wiehl gehört u.a. das breit gefächerte kulturelle Angebot. Hier gibt es in 2014 mit den 25. Jazz-Tagen ein Highlight, welches sich vor allem durch ein außerordentlich hochstehendes Programm für die Musikfreunde auszeichnen wird.
Ich gehe weiter zu den Schulen. Und da wie gesagt zur Werbung und Software. Das Angebot Beste Chancen (künftig TOP-Chancen) wird nicht nur weitergeführt, sondern personell verstärkt und verstetigt. Wir können zusätzlich durch eine weitere geringe personelle Verstärkung eine deutlich verbesserte Laufbahnberatung anbieten, die vor allem den Übergang aus der Grundschule in die weiterführende Schule im Blick hat, darüber hinaus auch schulformübergreifende Förderpläne ermöglicht. Dies aber in Einzelfällen. Genauso wie die Möglichkeit der Diagnose bei Problemfällen schulischen Lernens, bei denen wir die Möglichkeit einer Analyse zur Förderung und Entwicklung individueller Kompetenzen für selbstgesteuertes Lernen auf der Basis der Persönlichkeits-System-Interaktion Theorie anbieten können. Durch Teilzeit-Anstellung unseres Noch-Praktikanten im FB10 können wir hier zudem den einzelnen Schulen dauerhaft ein Stundenkontingent an Schulsozialarbeit zur Verfügung stellen. Mit einigen Schulen werden wir in 2014 letztlich überlegen, wie der Internet-Auftritt verbessert werden kann.
Im Bereich Sport klammere ich an dieser Stelle den Bad-Neubau aus. Die Frage der Beckensanierung im Freibad Bielstein steht an und wird gleich in der Sitzung noch Thema sein. „Never change a running system“ heißt es in der Welt der PC und Drucker. In der Eishalle haben wir es aber getan. Eine deutliche Verbesserung im Wärmesystem der Eishalle hat uns dort das Raumklima durcheinandergewürfelt und wir sind derzeit mit vereinten Kräften und Wissen daran, dies wieder in den Griff zu bekommen. Ob in diesem Zuge dennoch eine Änderung am Lüftungssystem notwendig sein wird, lässt sich derzeit nicht absehen.
Neuer Fachbereich, neues Thema.
Die Flüchtlingsunterkünfte in der Friedhofstraße haben ihre Sanierungsbedürftigkeit zum Großteil überschritten. Im Klartext: da ist nichts mehr zu retten. Wir werden daher in 2014 beginnen, die Unterkünfte sukzessive zu erneuern. Ob der in 2013 zu verzeichnende Anstieg der unterzubringenden Personen weiterhin anhält bleibt abzuwarten. Ebenso ist nicht abzusehen, wie stark unsere Anstrengungen sein müssen, den zurzeit herrschenden sehr starken Mix an Nationen, Ethnien, Konfessionen etc. zu betreuen.
Im Bereich der Senioren steht ebenfalls ein Jubiläum an: die Oase feiert in 2014 ihr 25-jähriges Jubiläum. Dazu wird es im Mai die Messe „Couch oder Cabrio“ in der Burg in Bielstein und im August/September eine größere Veranstaltung in zentraler Lage mit anschließender U100-Party geben.
Im Bereich Kinder, Jugend und Familie haben wir mit der Festanstellung der pädagogischen Mitarbeiterin im KinJu und der Weiterbeschäftigung des Praktikanten in Teilzeit eine Verstetigung des Angebots im Bereich Jugend- und Jugendsozialarbeit erreicht. Zur damit einhergehenden Zusammenarbeit mit den Schulen habe ich bereits ausgeführt.
Ab Januar wird das Team des Bezirkssozialdienstes verstärkt. Wir kommen damit der wachsenden Zahl und vor allem wachsenden Komplexität der Fälle in den Hilfen zur Erziehung nach. Zudem hat die Gemeindeprüfungsanstalt bei ihrem letzten Besuch bereits darauf hingewiesen, dass eine Verstärkung für den Bereich des Kindschutzes dringend angezeigt sei.
Die neue KiTa Wülfringhausen geht in 2014 an den Start im neuen Gebäude und dann als dreigruppige Einrichtung. Zudem werden wir den U3-Aubau weiter fortsetzen und auch das Angebot der Ganztagsbetreuung weiter verbessern. Auffallend ist, dass wir mit unserem Planungsziel „45% der unter drei Jährigen“ bereits Maßstäbe gesetzt haben. Umso erstaunlicher ist es, dass wir in der Praxis diese Marke längst geknackt haben. Dies bedeutet aber auch eine überplanmäßige Ausgabe bei der Tagespflege in 2013 und einen Zuschussbedarf (Ausgaben abzügl. Elternbeiträge und Landeszuschüsse) für die Unterbringung von Kindern in Einrichtungen und Tagespflege in 2014 in Höhe von 2.273.000 Euro.
Die Stelle des Demografiebeauftragten habe ich bei der Aufzählung bisher nicht vergessen. Das wir diese Stelle überhaupt haben ist ein ebenso wichtiger wie –zumindest in der weiteren Umgebung - nicht zum Standard gehörender Fakt. An dieser Stelle ergibt sich für den Haushalt 2014 aber nicht ein über das bisher gewohnte Maß hinaus gehender Finanzbedarf.
Ich komme zum Schluss und damit nochmals zu einem Fachbereichsübergreifenden Thema. In 2014 steht in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung die Durchführung eine Bürgerforums an. Zeitpunkt: nach den Sommerferien. Es handelt sich dabei um ein breit angelegtes Verfahren der Bürgerbeteiligung zu Fragen der Stadtentwicklung. Im Gegensatz zu den ortsteil-bezogenen IHK geht es dabei um einen die Gesamtstadt in den Blick nehmenden Ansatz, der insoweit die IHK und sonstigen lokal-bezogenen Überlegungen und Anstrengungen ergänzt.
Nachdem ich nunmehr eher in der Art eines Buchhalters die Hauptpositionen aufgeführt habe, die unseren Haushalt in 2014 bestimmen noch ein kurzes Wort zum Haushalt der Stadt insgesamt und meiner Sicht und Haltung dazu. Sparen ist kein Wert an sich. Investieren auch nicht. Wir sind uns – so habe ich den Eindruck - in Verwaltung und Politik einig, dass Investitionen in die Zukunft von Wiehl - auch unabhängig von Sanierungsnotwendigkeiten und über diese hinaus - notwendig und an der Zeit sind. Aber Investitionen in die Zukunft bedürfen eines Blickes der finanziellen Möglichkeiten in der Zukunft. Wenn ich uns etwas auf Weihnachten wünschen darf, dann dies: die Balance den richtigen Weg zwischen Mut und Bedacht zu finden und die Weisheit das rechte Maß bei den Entscheidungen zu treffen.
2. Beigeordneter Maik Adomeit
2. Beigeordneter Maik Adomeit Ich darf mich nun mit denjenigen Dingen anschließen, die der Kollege Schell soeben „Verpackung“ genannt hat und auf die er künftig hoffentlich viele Neubürgerinnen und Neubürger neugierig machen wird. Ich darf Ihnen aber versprechen, dass wir alle gemeinsam auch Inhalte schaffen werden, zu denen die Verpackungen dann auch passen.Seit März dieses Jahres leite ich nun das Dezernat 2 hier im Hause. Neben zahlreichen organisatorischen und personellen Herausforderungen habe ich die Zeit genutzt, um mit dem objektiven (neuen) Blick von außen einmal etwas genauer hinzuschauen. Vieles was ich gesehen habe ist gut, vieles ist aber auch nicht gut.
Die Entwicklung der vergangenen 30 Jahre, vom (fast) Schuldenprimus zu den „Top Ten“ der solidarischen Geberkommunen in NRW war entbehrungsreich und schwer. Ich kann alle verstehen, die unsere Stadt in dieser Zeit aktiv begleitet haben und sich heute vor neuen Schulden fürchten.
Aber: diese finanzielle Freiheit, für die wir uns so oft loben, ist teuer erkauft. Zumindest dann, wenn man feststellen muss, dass es sich innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs offensichtlich nicht lohnt, sparsam und zurückhaltend zu wirtschaften.
In Wiehl haben wir in den vergangenen Jahren mit pfiffigen, mutigen und auch unkonventionellen Lösungen Vieles erschaffen, worüber man sich anderenorts – teilweise auch neidisch – wunderte. Aber: wir haben zu wenig getan.
Mit diesem Problem sind wir allerdings auch nicht alleine in Deutschland. Das KfW-Kommunalpanel 2012 hat beispielhaft einen aktuellen Investitionsrückstand bei der kommunalen Infrastruktur in Höhe von 128 Mrd. € (Schätzungen gehen davon aus, dass es bis 2020 schon 700 Mrd € sein könnten) ermittelt, 2011 waren es noch 100 Mrd. Neben der absoluten Zahl zeigt insbesondere diese extreme Steigerung, wie rasant der Verfall unserer Infrastruktur stattfindet. Straßen und Schulen liegen hierbei auf kommunaler Ebene mit Abstand vorne.
Um zu verdeutlichen, welche grundlegenden Systemänderung sich im kommunalen Bewusstsein quer durch die Republik derzeit leider nur sehr langsam vollzieht, möchte ich aus einem Interview aus der Septemberausgabe der Fachzeitschrift „Rathausconsult“ den Finanzexperten Dr. Jörg Hopfe zitieren:
„Es gibt für Projekte innerhalb Deutschlands, die einen infrastrukturellen Hintergrund haben ausreichendes Kapital. Kommunen die ihr Anlagevermögen instandhalten und sanieren, schaffen Werte und handeln wirtschaftlich: Dieses betriebswirtschaftliche Denken ist aber noch nicht überall im Bewusstsein der Verwaltungen verankert.“
Ich hätte Ihnen heute gerne ein Gesamtpaket der notwendigen Investitionen mit einem entsprechenden Vorschlag für einen Sanierungs-Zeitplan präsentiert. Hierfür reichten mir die wenigen Monate aufgrund der Komplexität aber leider noch nicht aus. Im ersten Halbjahr 2014 werden wir mit Ihnen gemeinsam in den Fachausschüssen und im Rat über die Sanierung unserer Straßen, Wege, Plätze, öffentlichen Gebäude, Einrichtungen und der allgemeinen Infrastruktur diskutieren und beschließen.
Hierzu vorab einige Kostproben: Wir werden uns dringend und sehr umfassend mit unseren Kitas und Schulen beschäftigen müssen, allen voran mit dem Wiehler Gymnasium und dem Schulzentrum Bielstein. Hier werden wir grundlegend energetisch sanieren und im Innenbereich modernisieren müssen, wenn wir unserem eigenen Anspruch weiterhin gerecht werden und als Bildungsstandort „up to date“ bleiben wollen. Die moralische Diskussion darüber, ob es richtig ist oder nicht, wenn Eltern ihre Kinder in Nachbarschulen anmelden, bringt uns an dieser Stelle nicht weiter. Eine detaillierte Besichtigung des Gymnasiums hat mich regelrecht erschrocken und ähnlich ergeht es mir, wenn ich im Gebäude oder auf dem Schulhof in Bielstein unterwegs bin, wobei wir dort in diesem Jahr wenigstens schon einmal für rund 400.000,- € knapp 30 Klassenräume modernisiert haben.
Bemerkung am Rande: Düsseldorf hat einen Masterplan Schulen aufgelegt mit einem Invest-Volumen von 430 Mio. €. In Hamburg hat er den Namen „Rahmenplan Schulen“ mit einem Volumen von 2 Mrd. € bis 2019. Berlin hat seine Mittel für Schulneubauten ab 2016 mehr als verdoppelt und gibt jährlich 64 Mio. € für Sanierungen aus. In Erfurt wurden seit der Wende 220 Mio. € in die Schulen investiert, der Sanierungsbedarf dort beläuft sich derzeit aber immer noch auf 150 Mio. €. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen, zeigt aber, dass wir hier kein neues Phänomen in Wiehl entdeckt haben.
Auch wenn unser Sanierungskonzept noch nicht steht, darf ich Ihnen heute bereits zwei Zahlen nennen, die wir schon relativ belastbar ermittelt haben. Wenn wir unsere beiden großen weiterführenden Schulen energetisch sanieren, optisch nach außen ansprechend gestalten und im Inneren dafür sorgen wollen, dass unsere Kinder moderne, helle und ergonomisch vernünftig ausgestattete und belüftete Unterrichtsräume mit zeitgemäßen Unterrichtsmedien zur Verfügung haben, müssen wir für das Gymnasium 10 Mio. € und für das Schulzentrum Bielstein 12 Mio. € in die Hand nehmen.
Diese Zahlen sind so gerechnet, dass wir Baustoffe und Materialien in Qualitäten verwenden, die langlebig und belastbar sind. In diesem Sinne darf ich darauf hinweisen, dass billig nicht günstig bedeutet und wir – wenn wir es schon anpacken – auch langfristig und nachhaltig denken und investieren sollten.
Hinzu kommt, dass höhere bauliche Anforderungen, Brandschutzauflagen, Ganztagsangebote mit entsprechenden Sozialräumen, Barrierefreiheit, Inklusion, Unfallschutz, Umweltschutz usw. dafür sorgen, dass Investitionen wesentlich komplexer und teurer werden.
Nächstes Thema: Straßen. Sie sind die Lebensadern unserer Gesellschaft und insbesondere des Gewerbes. Nur um mit den Abschreibungen, also dem Buchwertverlust unserer Straßen, Wege und Plätze mithalten zu können, müssten wir jährlich gut 1 Mio. € investieren, tatsächlich werden aber seit Jahren jährlich nur rund 500.000 € verbaut, mit dem Ergebnis, dass der Sanierungsstau jährlich um rund eine halbe Mio. € wächst.
Ich möchte es noch weiter dramatisieren: wir haben alle Straßenflächen erfasst und bewertet. Wenn ich alleine die beiden höchsten Schadensklassen (sehr große Schäden & Totalschaden, also ab 80% Schaden) addiere, wartet hier auf uns ein Investitionsstau in Höhe von rund 17 Mio. €, den wir eigentlich kurzfristig abarbeiten müssten. Kurzfristig bedeutet, dass die Straßen in diesen beiden Schadensklassen sicherlich keine 10 Jahre mehr halten, gleichwohl wird es schwierig werden, 17 Mio. € auf nur 5 Jahre zu verteilen, denn das wären 3,4 Mio €/Jahr.
Als Verwaltung werden wir selbstverständlich versuchen Baumaßnahmen zu kombinieren und Synergieeffekte zu erzielen, Förderprogramme zu nutzen und durch bauliche Maßnahmen einzelne Straßen noch einige Jahre befahrbar zu halten. Und wir werden alle gemeinsam den Bürgerinnen und Bürgern die Erkenntnis vermitteln müssen, dass der infrastrukturelle Baustein „Straße“ leider nicht ohne die Erhebung von Straßenbaubeiträgen finanzierbar ist.
In diesem Zusammenhang darf ich kurz darauf hinweisen, dass wir wieder verpflichtet worden sind, das nächste Abwasserbeseitigungskonzept zu erstellen. Sie dürfen mir glauben, dass ich als ausgesprochener Kritiker dieser überzogenen Forderungen im Abwasserbereich darauf achten werde, dass wir nur die absolut notwendigsten Maßnahmen durchführen werden! So sinnvoll ein umfänglicher Aufbau eines Kanalnetzes in der Vergangenheit auch war, sollten wir hier nun auch einmal Vernunft und Augenmaß walten lassen. Bei allen Bemühungen wird es uns ohnehin niemals gelingen, jeden Bürger bei jedem theoretisch denkbaren Regenereignis schadlos zu halten.
Das ist aber noch lange nicht alles, um Wiehl als attraktiven Wohn- und Erwerbsstandort im Rennen zu halten.
Zunächst möchte ich hier das neue Bad ansprechen, über das gleich hier entschieden wird. Mit diesem gönnen wir uns keinen Luxus, wie einige uns versuchen einzureden. Wer bei unserer Badplanung von einem Spaßbad redet, hat keine Ahnung davon und war noch nicht im Atlantis in Dorsten, im Aqua Magis in Plettenberg oder im Westfalenbad in Hagen. Randbemerkung: Hagen gehört landesweit zu einer der am meisten verschuldeten Kommunen und erhält im Übrigen mit die höchsten Zuschüsse aus dem Stärkungspakt! Das Westfalenbad wurde 2010 eröffnet und kostete damals 26 Mio. €!
Hier in Wiehl konzentrieren wir aus betriebswirtschaftlichen Gründen und angesichts der demografischen Entwicklung zwei marode Standorte zu einem und setzen ein modernes und wirtschaftlich für Wiehl passendes Gesamtkonzept um, mit dem wir künftig ganzjähriges – und vor allem auch barrierefreies - Schwimmen für unsere Bürgerinnen und Bürgern anbieten können.
Nächstes Thema: Breitbandausbau. Schnelles Internet ist nicht mehr nur Spielzeug für Kinder und Jugendliche zum „Gamen“. Das Internet ist zur Basis unserer Kommunikation und für viele Unternehmen zu einem unersetzlichen Arbeitswerkzeug geworden. Straßen, Kanäle und Wasserleitungen werden heute als selbstverständlich vorausgesetzt. Bei Bauplätzen und Alt-Immobilien erkundigen sich die Interessenten zunächst nach der zur Verfügung stehenden Bandbreite des Internets.
Wie man heute den Nachrichten entnehmen konnte, war dieses Thema auch Gegenstand der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Das Ergebnis: es werden neue Fördermittel bereitgestellt, so dass jeder Haushalt in Deutschland bis 2018 über mindestens 50 MBit verfügt. Dies zeigt nochmals die Bedeutung der Breitbandversorgung und kommt unseren aktuellen Planungen in Wiehl sehr entgegen.
In einem ersten Schritt haben wir mit Fördergeldern des Landes die unterversorgten Bereiche ausgeschrieben und werden in Kürze die Maßnahmen vergeben. Derzeit arbeiten wir gemeinsam mit externen Fachleuten ein Konzept aus, das wir unter Berücksichtigung der neu angekündigten Fördermittel dann schnellstmöglich und effektiv umsetzen können. Hier müssen wir die wenigen Schritte Vorsprung, die wir uns erarbeitet haben auch nutzen. Das wäre ein Alleinstellungsmerkmal, das gerade für jüngere Menschen aber auch für Unternehmen entscheiden für die Wohnortauswahl sein wird.
Nächstes Thema: Feuerwehr. In diesem und im nächsten Jahr investieren wir rund 1 Mio. € in drei neue Feuerwehrfahrzeuge. Die Ausstattung unserer Feuerwehr ist sehr gut, dennoch müssen wir am Ball bleiben. Jugendliche werden wir nicht mehr mit dem Charme nostalgischer Fahrzeuge, gebrauchter Uniformen und Besprechungsräumen im Stil der 70-iger begeistern. Auch hier könnten wir wieder über das vermeintlich überzogene Anspruchsdenken der Menschen diskutieren, aber es wäre eine ziellose Diskussion. Jeder Jugendliche, den wir nicht von Anfang an begeistern, steht uns später potentiell nicht als ehrenamtlicher Helfer in der Feuerwehr zur Verfügung.
Und wenn uns die freiwillige Feuerwehr wegbricht, ja dann erst reden wir über richtig hohe Kosten für den Feuerschutz. Deswegen brauchen wir neue und pfiffige Ideen. Eine davon befindet sich derzeit in Vorbereitung und ist landesweit ein Novum: die Verschmelzung einer Werksfeuerwehr (hier: BPW) mit einer freiwilligen Feuerwehr. Wir lassen derzeit rechtlich prüfen, wie ein entsprechender Vertrag mit Blick auf Versicherungsschutz, Haftungsfragen und Vermögensgegenstände aussehen könnte. In diesem Zuge soll im kommenden Jahr nun endgültig ein gemeinsamer Standort für ein Feuerwehrhaus für die Oberwiehler Feuerwehr gemeinsam mit der Werksfeuerwehr BPW gefunden und 2015 fertiggestellt werden. Diese Kooperation hat für beide Seiten große Vorteile und geschieht einvernehmlich.
Letztes großes Thema: Integrierte Handlungskonzepte
In Bielstein haben wir mit der Umsetzung bereits angefangen, in Wiehl starten wir den vorbereitenden Dialog mit den Bürgern am kommenden Donnerstag ab 19.00 Uhr in der Mensa des DBG. Die IHKs haben die ehemaligen Städtebaufördermöglichkeiten abgelöst, da der Fördergeber (Land NRW) nicht mehr wie früher kleinteilige Einzellösungen fördert, sondern in sich geschlossene Gesamtkonzepte umgesetzt sehen will, die zukunftsweisend alle Facetten des baulichen, gesellschaftlichen und sozialen Miteinanders im jeweiligen Stadtteil berücksichtigen.
Von daher halte es ich es für alternativlos, diese IHKs von Bielstein über Wiehl auch in alle weiteren Hauptorten zu tragen.
So ein bisschen können Sie das mit der Renovierung Ihrer Wohnungen und Häuser vergleichen. Jahrelang gefällt es Ihnen, es ist ab und zu mal etwas umzustellen, eine Glühbirne auszuwechseln und es geht auch ansonsten schon einmal etwas kaputt und muss erneuert werden. Nach 15, 20 oder mehr Jahren sind Ihre Kinder ausgezogen, Ihre Ansprüche haben sich geändert, es gibt neue und schöne Ideen, flexible und energetisch attraktive Baumaterialien und aufwendige Reparaturen, die Sie immer umgangen haben, sind nun auch einmal endgültig fällig. Die Tapeten und die Teppichböden können sie zugegebenermaßen eigentlich auch schon länger nicht mehr sehen. Dann ist eine grundlegende Renovierung nötig. Im städtebaulichen Sinne bedeuten diese IHKs also letztlich nichts anderes, als dass wir unsere Innenstädte renovieren um langfristig attraktiv, modern und technisch „up to date“ zu sein.
Nach Wiehl kommt Drabenderhöhe, dann Oberwiehl usw. Was wir heute – auch angesichts des vorhin genannten großen Investitionsbedarfs in den anderen Bereichen – noch nicht verbindlich sagen können, ist, wann welcher Ort dran ist. Nur eines ist für uns als Verwaltung sicher, dass wir permanent weiter daran arbeiten werden.
Das wichtigste zum Abschluss:
Wir können alle von mir genannten Dinge streichen, wenn uns Eines zukünftig nicht gelingen sollte: der Erhalt und die weitere Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze.
Daher ist ein weiterer wesentlicher Punkt der zukünftigen Stadtentwicklung der, die Entwicklung weiterer Gewerbeflächenpotentiale zu bilden. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen hält bereits seit Jahren ungebrochen an. Hier werden wir den begonnenen interkommunalen Prozess im Rahmen der Gewerbeflächenkonferenz Oberberg weiterverfolgen. Gleichzeitig werden wir aber auch die bestehenden Gewerbegebiete soweit ertüchtigen, dass eine bestmögliche Flächen- und Infrastrukturauslastung im Bestand erzielt wird. Qualifizierte und gute Arbeitsplätze bilden die Basis für unsere kommunale, gesellschaftliche und soziale Handlungsfähigkeit.
Firmen die sich für den Standort Wiehl interessieren, wird zügig und unkompliziert geholfen. Das große Interesse für Wiehl besteht nicht nur aufgrund der relativ niedrigen Gewerbesteuersätze. Jeder Fachbereichsleiter und jeder Sachbearbeiter im Hause setzt sich dafür ein, die Hürden und Hemmschwellen für jeden Unternehmer so niedrig wie möglich zu halten und von Anfang an ein kooperatives und partnerschaftliches Verhältnis zu schaffen. Seit Jahrzehnten sind wir auf einem guten Weg und werden mit einem positiven Klima jeden unterstützen und pragmatisch begleiten, der mit unternehmerischem Mut dafür sorgt, dass unsere Bürgerinnen und Bürger Erwerbseinkommen erzielen können.
Alles in allem haben wir in den nächsten Jahren viele, schwierige und auch teure Aufgaben zu lösen. Bei allem Verständnis für die finanziell schwierigen Zeiten in der Vergangenheit, bin ich niemals so naiv gewesen, um zu glauben, dass meine Generation es leichter hätte als unsere Vorfahren. Wir bauen weniger auf, wir müssen das Vorhandene erhalten – möglicherweise ist das sogar noch schwieriger.
Bei allen genannten Investitionen wird sich jeder von Ihnen die berechtigte Frage stellen, ob das nötig ist. Das ist es natürlich nicht - wenn wir uns zurückziehen und wider besseres Wissens nicht mit den Ansprüchen und Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger mitgehen wollen und wenn wir im Wettbewerb gerade um jüngere Menschen, bei denen es ohnehin schwierig ist, sie vom Leben außerhalb des Kölner „Speckgürtels“ zu überzeugen, das Nachsehen haben wollen. Dann brauchen wir das nicht.
Wir brauchen es aber dann, wenn wir es ernst meinen damit, dass wir unsere Bevölkerungszahl halten wollen, wenn wir uns als familienfreundlich bezeichnen wollen, wenn wir als Bildungsstandort bestehen wollen und wenn wir im Rahmen der Wirtschaftsförderung gerade kleineren Firmen gute Rahmenbedingungen anbieten wollen. Es ist die grundsätzliche Frage, ob wir ein langfristiges Angebot an Infrastruktur schaffen wollen, mit dem wir weitsichtig und mutig in die Zukunft investieren, oder ob wir weiterhin die Schuldenfreiheit als Selbstzweck anstreben möchten.
Früher reichten Schotterwege für die Erschließung von Grundstücken aus. Heute beschweren sich unsere Bürger darüber, wenn nicht spätestens um 7 Uhr der Winterdienst da war, obwohl wir in Anliegerstraßen gar nicht verpflichtet sind, überhaupt Winterdienst durchzuführen. Früher waren Kinder von Märchenparks begeistert, heute brauchen wir für denselben Effekt das Phantasialand. Menschen und Gewohnheiten verändern sich und wenn wir uns auf den Standpunkt stellen, dass sich die Bürger gefälligst an uns anzupassen haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir demnächst 15, 20 oder gar 30% weniger Bevölkerung haben.
Seitens der Verwaltung werden wir Ihnen mit Augenmaß zahlreiche Entscheidungen abverlangen und selbstverständlich dafür sorgen, dass Fördermittel und Synergieeffekte bei allen Dingen voll in Anspruch genommen und genutzt werden und wir werden auch weiterhin wie gewohnt teilweise unkonventionelle und pragmatische „Wiehler“ Lösungen vorschlagen.
Aber eines wird bleiben, nämlich dass Sie, wir und die Wiehler Öffentlichkeit den Mut haben müssen, in die Zukunft unserer Heimatstadt zu investieren, so wie wir es mit ebenso großen Bauchschmerzen vor 40 Jahren schon einmal getan haben – glücklicherweise!
In diesem Sinne möchte ich meinen Beitrag zur Haushaltsrede 2014 auch mit einem Zitat von Winston Churchill beenden:
Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss Dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist. Man löst keine Probleme, indem man sie auf Eis legt.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Stadtkämmerer Axel Brauer
Stadtkämmerer Axel Brauer
siehe Power-Point-Präsentation Haushaltsplan der Stadt Wiehl 2014 (PDF, 2 MB)Bürgermeister Werner Becker-Blonigen
Unter all diesen schwierigen Bedingungen, die Augenmaß und Mut zugleich erfordern, möchten wir die Stadt Wiehl zu einer Gemeinde entwickeln, die offen für neue Bürgerinnen und Bürger ist, indem sie dem „Herzlich Willkommen“ eine verständnisvolle Aufnahme, eine helfende Wegweisung und eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen folgen lässt. Die Stadt soll investieren, gestalten und ihre Finanzen in Ordnung halten. Sie soll aber vor allem die Chancen, die sich ihr bieten, wahrnehmen und Mut zur Zukunft auch oder gerade in dem Spannungsfeld von Prioritäten und Schwerpunkten haben. Alles hat seine Zeit und wenn Fremdkapital für eine langfristige Zukunftsstruktur gebraucht wird, so wie dies in der Vergangenheit an zahlreichen Beispielen aufgelistet werden kann, dann muss dieses genauso, wie in den letzten 50 Jahren, in Anspruch genommen werden.Der Rückfall nach „Haferspanien“ ist immer möglich und im Wettbewerb der Regionen schlimmstenfalls Realität. Der Niedergang der Textilindustrie, der Kollaps von Steinmüller und Ackermann, der Niedergang von Projahn und Barth oder auch IPC, Hartmann und Pflitsch u.a. ist uns allen noch in guter Erinnerung. Wandel ist unser ständiger Begleiter und nichts währt ewig, es sei denn, es wandelt sich und die Menschen haben den Mut und die Chance den Wandel zu nutzen.
Wenn Arbeitsplätze und Erwerbseinkommen in unserer Region verschwinden, verschwinden auch die Menschen und mit ihnen die so wohlgeschätzte „oberbergische Welt“. Arbeit braucht Infrastruktur und Infrastruktur bedeutet Schule, Sport, Kultur, soziale Einrichtungen, öffentliche Wege, Plätze, medizinische Versorgung, Dienstleistungen, Verkehrsmittel und vieles mehr.
Wiehl muss in seine Zentren, seine Dörfer, seine Schulen, seine Sportstätten und Gebäude in den nächsten Jahrzehnten einen dreistelligen Millionenbetrag investieren, wenn Wiehl mit den Nachbarn und der Region mithalten will.
Auf die „Proportionen“ kommt es natürlich immer an und hierfür wird Sorge getragen werden müssen.
Infrastruktureller Rückschritt und Niedergang hat viele Ursachen. Eine häufige ist die unterlassene Investition und die verpasste Chance.
Aber auch mangelnder Erfolg bei der Zusammenführung der immer vorhandenen Gegensätze in einem Gemeinwesen kann zum Abstieg führen. Beispiele, auch in unserer Region, gibt es reichlich. Ich möchte hierzu unseren Bundespräsidenten Joachim Gauck (in Chrismon Spezial am Reformationstag 2013) zitieren:
„Was macht uns stark? Sicher nicht die Betonung von Unterschieden, vielmehr der Versuch vernünftiger Kompromisse.“
Mit der Vorlage des Haushaltsplanes 2014 verbinde ich den Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die herzliche Loyalität und die oftmals enorme Arbeitsleistung. Dies gilt ganz besonders für den Verwaltungsvorstand und natürlich auch für mein kleines Team auf meiner Etage.
Mein Dank geht aber auch an die Kolleginnen und Kollegen im Rat der Stadt Wiehl, denen trotz des nahenden Wahlkampfs und der politisch bewegten Zeit der Wille zu ernsthafter Sachlichkeit allzeit anzumerken ist.
Möge uns der Mut, die Ernsthaftigkeit, aber auch der Humor nicht verlassen und möge uns das kleine Quäntchen Glück in Wiehl weiterhin hold sein.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.